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Angst am Kap

■ WordPower: Lesogo Rampolokeng und Ivan Vladislavic in der Werkstatt 3

Bis vor fünf, sechs Jahren wusste man genau, was man sich hierzulande unter einem Poeten aus Soweto vorzustellen hatte: einen Nelson Mandela der Lyrik, der die Apartheid mit dem Wort und nicht mit dem Gewehr bekämpft, oder einen volkskünstlerisch-literarischen Paul-Simon-Import. Was aber wäre, wenn wir stattdessen mit einem Rapper und Dichter konfrontiert wären, der fünf Jahre nach den ersten freien Wahlen zu keinerlei Optimismus bereit ist und vor allem über Angst, Gewalterfahrungen und die individuelle Wahrnehmung des Ghetto-Alltags schreibt und sprechsingt?

Was dann wäre, ist heute Abend in der Werkstatt 3 erfahrbar. Da trägt Lesogo Rampolokeng seine Gedichte vor. Der 34-Jährige ist aber nicht nur Poet, sondern auch Performer, der mit oder ohne Band auf die Bühne steigt, anstatt sich hinters Pult zu setzen. Das lässt an karibisch-britische Dub-Poetry denken, und tatsächlich ist Linton Kwesi Johnson hier genauso wichtig wie Gil Scott Heron, Allen Ginsberg, traditioneller Sprechgesang und HipHop. Daraus entstanden sind sehr assoziative, schon beim Lesen musikalische Gedichte, die vom Horror der Post-Apartheidsgesellschaft berichten: „black tits & bums of a nation of strippers & exhibitionists/ made jesus die of masturbation“.

Dem schwarzen Lyriker steht ein weißer Romancier und Redakteur einer südafrikanischen Literaturzeitschrift zur Seite. Ivan Vladislavic schreibt Prosa, in der Grenzen zwischen Realismus und Phantastischem nicht auszumachen sind, und thematisiert damit die „Verrücktheit und das Durcheinander“ am Kap der guten Hoffnung. scho heute, 19.30 Uhr, Werkstatt 3

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