: Uschi Obermaier trifft Mainzelmännchen
■ Hysterische Ausbrüche und Freudentränen: Die Schlagerrevue Sixty Sixty von Martin Lingnau und Corny Littmann in Schmidts Tivoli erzählt die Geschichte eines Jahrzehnts
500 Mal ging Fifty Fifty über die Bühne von Schmidts Tivoli und ist damit Hamburgs erfolgreichste Musiktheaterproduktion. Und während noch die letzten Vorstellungen der Fünfziger-Jahre-Schlagerrevue aus der Feder von Corny Littmann und Martin Lingnau restlos ausverkauft sind, laufen die Proben für Sixty Sixty längst auf vollen Touren. Immer wieder war die Bitte nach einer Fortsetzung laut geworden, zu der das Team Littmann/Lingnau nach fünf Jahren auch wieder richtig Lust hatte.
„Zuerst habe ich eine ganze Badewanne voll CDs gesammelt“, erläutert der 27-jährige musikalische Leiter Lingnau seine Recherche-Methode. „100 Favoriten habe ich rausgesucht, über 50 sind in die Show eingeflossen. Aber nicht nur Gassenhauer, sondern auch Raritäten, die Zeitgeschichte schrieben.“ Sprach's und setzt sich ans Klavier, um mit den DarstellerInnen noch mal die Songs durchzugehen.
Unweigerlich kommt es bei den Proben mit Medleys aus „Zigeunerjunge“, „Hoggy Doggy City“ und „Ich zähl täglich meine Sorgen“ schon mal zu hysterischen Ausbrüchen und Freudentränen. Das ist die Leichtigkeit und Komik, die Lingnau an den Schmidt-bekannten Bühnenprofis so liebt. Trotzdem warnt er vor Überzeichnungen: Die Songs sprächen für sich. Und sie ließen die krassen Gegensätze der Sechziger wieder aufleben. So wird an Uschi Obermaiers freie Liebe erinnert, an Fernsehhelden wie Peter Frankenfeld, Robert Lembke oder die Mainzelmännchen, an die Antibabypille und Oswald Kolles Aufklärungsfilme, aber auch an Mauerbau und Studentenbewegung.
Doch Sixty Sixty soll keine Chronik sein und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern will lieber Geschichte neu erzählen. Willi Fröhlich (Bernhard Hofmann) ist dabei die zentrale Figur, die eigentlich alles gemacht hat: die erste Mondlandung, glorreiche TV-Shows moderiert und bei den Beatles mitgespielt. Zur Seite steht ihm mit Marianne (Kerstin Marie Mäkelburg) eine äußerst charmante Assistentin.
Am 14. September beginnt ihre Zeitreise in einem knallroten Gummiboot mit zwei Apfelsinen im Haar. Auf die nächsten fünf Jahre, denn: „Immer, immer wieder geht die Sonne auf!“ Stefanie Heim
Premiere: 14. September, 20 Uhr, Schmidts Tivoli
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