: Ewige Jugend durch Drogen
■ Der Ex-Großdealer Howard Marks im Interview über buddhistische Einsichten im Gefängnis und sein Leben danach: „Ich glaube, dass junge Menschen weiser als alte sind.“
taz: Mr. Marks, Sie haben einige Jahre im Knast gesessen. Wie war das?
Howard Marks: Oh, es war wundervoll. Nein, die Wahrheit ist: Es war schrecklich, aber irgendwann nimmt man sich selbst und die Umstände nicht mehr richtig ernst. Ich wusste, dass ich überleben werde. Es wäre etwas anderes, wenn ich meine Frau und Kinder für immer verloren hätte. Um mich abzulenken, habe ich Yoga gemacht, viel gelesen und Mithäftlinge in juristischen Fragen beraten. Einige sind dadurch tatsächlich früher rausgekommen.
Kann man nach so langer Zeit im Gefängnis das gleiche Leben führen wie davor?
Nein, die Erfahrung ändert einen völlig. Ich habe im Knast gelernt, dass ich allein zwar nicht kontrollieren kann, was mit mir passiert – dafür aber die Einstellung zu den Dingen: Dein Schicksal hast du nicht in der Hand, aber die Haltung zum Leben kannst du beeinflussen. Und mir wurde bewusst, wie wichtig es ist, anderen zu helfen.
In Ihrem Buch behaupten Sie, dass sich die Bedingungen des Drogenschmuggels erheblich geändert haben.
Das Geschäft ist viel gewalttätiger geworden. Vor allem sind mehr Gangster involviert. Das ist natürlich nicht verwunderlich: Kriminelle Organisationen fallen überall dort ein, wo sich Geld verdienen lässt – ob es sich nun um die Müllbeseitigung in New York oder eben den Haschschmuggel handelt. Ich war in der glücklichen Lage, die Anfänge mitzubekommen, als gewöhnliche Kiffer selbst noch geschmuggelt haben. Dann wurden die Strafen erhöht, und vielen wurde das Geschäft zu heiß. Heute brauchen wir die Kriminellen, um überhaupt stoned zu werden.
Was ist mit dem ganzen Geld passiert, das sie damals verdient haben?
Das meiste habe ich ins Geschäft investiert. Ich war nie daran interessiert, Geld zu akkumulieren. Die Rechtsanwälte waren auch nicht billig. Als ich dann ins Gefängnis kam, habe ich meine Familie weiter unterstützt, und der Rest ist für Hedonismus draufgegangen. Glücklichwerweise habe ich für die Autobiographie einen Vorschuss von 100.000 englischen Pfund bekommen – das ist nicht gerade wenig für einen Ex-Dopedealer. Inzwischen habe ich aber nicht mehr als ein durchschnittlicher Yuppie.
Sie sind in England eine Kultfigur, legen Platten in Clubs auf und hängen auf Partys rum. Schlaucht ein solches Leben mit 54 Jahren nicht allmählich?
Wie ich das mache? Ich weiß auch nicht. Ich habe keinen Schlüssel zu Vitalität und ewiger Jugend – außer, Drogen zu nehmen, und dem Glauben, dass junge Menschen weiser als alte sind. Daran glaube ich wirklich. Wir sollten viel mehr auf die Jugend hören als auf die beschränkten Leute in meinem Alter, die meinen, alle Drogen seien schlecht und gefährlich. Ich habe alle Drogen genommen, die es gibt. Doch nimm zum Beispiel Ecstasy: Es ist schon richtig, dass es für die meisten besser sein wird, so etwas nur einmal im Jahr und nicht jede Woche zu schlucken. Aber das wahre Problem ist doch die Illegalität: Man weiß nicht, was wirklich in der Pille drin ist. Darum würde ich jede Droge legal machen.
Sie waren überall auf der Welt auf der Suche nach dem besten Dope. Welche Sorte mögen Sie am meisten?
Mein Favorit ist dunkles Hasch aus den Bergen Nepals, echter Tempelshit. Früher mochte ich auch Thai- und Malawi-Gras, das kriegt man aber heute kaum mehr. Dafür gibt es jeden Tag eine noch stärkere Skunk-Sorte, ich kann die beim besten Willen nicht mehr voneinander unterscheiden. Viele sagen, ich sei der Connaisseur des Haschisch – für Gras trifft das aber nicht zu. Interview: Ole Schulz
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