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Aus Fatalismus wird Stärke

■ Standbilder: „Das Herz eines Boxers“ im Theater in der Basilika

Lutz Hübners Das Herz eines Boxers hat den Deutschen Jugendtheaterpreis 1998 gewonnen. Denn trotz einer tief gründelnden Thematik wirbt das Stück mit frischen Dialogen und verschmitztem Charme für einen augenzwinkernden Umgang mit der Welt. Nun feierte es im Theater in der Basilika Premiere.

Der junge Jojo (Kai Niemann) muss auf richterliche Anordnung hin sozialen Strafdienst in einem Altersheim leisten. Dort soll er das Zimmer von Leo (Georg Troeger) streichen. Seine coole Sprache entlockt dem Bewohner zunächst nicht ein müdes Wort. Doch Leo ist ein Simulant: Seine einzige Waffe gegen die Monotonie des Heimes ist die Emigration in die Stille des eigenen Herzens. Allein Tee mit Wodka und die mit Akribie geplante Flucht halten ihn noch am Leben.

Jojo vermutet in dem stummen Leo einen senilen Geist. Als er jedoch erfährt, dass Leo früher ein gefeierter Box-Champion war, wandelt sich seine anfängliche Überheblichkeit in Bewunderung. Doch als boxenden Helden hat sich Leo nie gesehen. Jojo lernt durch seine Lebensgeschichte, zwischen falschem Stolz und Heldenmut zu unterscheiden. Mit seinem Sinn für Poesie hilft Leo dem Jungen, seinen Traum zu verwirklichen, und aus dessen Fatalismus wird Stärke. So machen sich beide an einen erneuten Ausbruchsversuch.

Lutz Hübners Text ist lebendiges Theater, das seinen pädagogischen Beitrag in einer kaltschnäuzigen Welt leistet, indem es zeigt, dass aus einer zufälligen Begegnung unterschiedlicher Menschen Freundschaft und Liebe wachsen kann. Unter der Regie von Wolfgang Göltner kommt das Stück allerdings nur langsam in Schwung. Die Schauspieler agieren meist rein verbal; Mimik und Körpersprache sind zurückgenommen und leisten Standbildern Vorschub. Der Raum und die Requisiten bleiben oft unbespielt und die Möglichkeiten der Bühne leider weitgehend ungenutzt.

Britt-Kristin Feldmann

4., 7., 18., 25. Oktober, 1., 15., 22., 29. November, 20 Uhr

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