Sondervorstellung für Diepgen

■  Weil der Regierende Bürgermeister das Fernsehduell mit SPD-Spitzenkandidat Momper scheut, bekommen beide einen Soloauftritt beim SFB. Die Opposition schaut in die Röhre

Der Sender Freies Berlin macht für die launige Diva Eberhard Diepgen alles möglich: Weil der Regierende Bürgermeister sich nicht in einem Fernsehduell mit SPD-Spitzenkandidat Walter Momper messen will, bekommen die beiden Spitzenpolitiker der Regierungsparteien jeder einen Extratermin zur Selbstdarstellung. Gestern abend wurde Momper von sieben ChefredakteurInnen befragt. Am Donnerstagabend folgt der Soloauftritt von Eberhard Diepgen.

Über die Vorzugsbehandlung von CDU und SPD haben sich die Grünen bei SFB-Intendant Horst Schättle beschwert. Durch das zeitlich entzerrte Fernsehduell von Momper und Diepgen werde die Opposition benachteiligt, kritisierte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Jürgen Wachsmuth.

Nach Ansicht des grünen Rundfunkratsmitglieds Jochen Esser verletzt das „Schaulaufen der Regierenden“ den Grundsatz einer ausgewogenen Berichterstattung. In der Satzung des SFB heiße es schließlich: „Die Anstalt darf nicht Werkzeug einer Regierung sein.“ Die Gesamtheit der Sendungen der einzelnen Programmsparten von Hörfunk und Fernsehen müssten inhaltlich ausgewogen sein. „Es geht hier nicht um die Konkurrenz zweier großer Parteien“, sagt Esser, sondern Regierung und Opposition müssen beide zu Wort kommen. Dies gelte umso mehr bei einer Großen Koalition. „Da muss man die Gewichte anders verteilen“, fordert Esser.

Doch als er das Thema bei der Rundfunkratssitzung am 20. September anschnitt, hätten sich Intendant Horst Schättle und Fernsehdirektorin Barbara Groth auf Formalien zurückgezogen. Momper und Diepgen seien schließlich die einzigen beiden Anwärter auf das Amt des Regierenden Bürgermeisters.

Auch SFB-Sprecher Volker Schreck verteidigte die Entscheidung der Programmdirektion Fernsehen gestern mit dem Argument, es ginge bei der Sendung nicht um Parteien, sondern um die Menschen, die Regierender Bürgermeister werden wollten. Die SpitzenkandidatInnen von Grünen und PDS hätten nie den Anspruch auf dieses Amt angemeldet.

Jochen Esser fühlt sich „veräppelt“: „Es kann doch nicht darum gehen, ob eine Partei ihrer Spitzenkandidatin das Etikett 'Kandidatin für das Amt des Regierenden Bürgermeisters‘ anklebt.“

Im Rundfunkrat hatte sich nach Essers Angaben nur der Publizistikprofessor Axel Zerdick kritisch zu den beiden Sonderterminen für Diepgen und Momper geäußert. „Das sieht nicht gerade gut aus“, habe Zerdick zu bedenken gegeben. Dorothee Winden