: Exitus für mittelmäßige Medizin
UKE will sich umstrukturieren, um eine der besten deutschen Uni-Kliniken zu werden – das kostet Geld und Arbeitsplätze ■ Von Sandra Wilsdorf
Das Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) will nicht mehr mittelmäßig sein. „Wir wollen zu den besten deutschen Universitätskliniken gehören“, nannte gestern Professor Heinz-Peter Leichtweiß, ärztlicher Direktor und Dekan des UKE, das Ziel.
Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group, eine externe Beratungskommission und das Direktorium des UKE haben ein Struktur- und Organisations-Entwicklungsprogramm erarbeitet, dessen vollständige Umsetzung zehn bis 20 Jahre dauern dürfte. Eine Analyse der derzeitigen Situation hat ergeben: „In Lehre und Forschung sind wir im Mittelfeld, bei der Krankenversorgung liegen wir günstiger als der Bundesdurchschnitt“, sagte Leichtweiß.
Nun bestehe Handlungsbedarf, denn ist die Gesundheitsreform 2000 umgesetzt, würden die Kosten vermutlich steigen und die Erlöse sinken. „Im schlimmsten Fall könnte sich bis zum Jahre 2005 für das UKE eine Deckungslücke von 100 Millionen Mark ergeben“, fürchtet Dr. Behrend Behrends, kaufmännischer Direktor des Krankenhauses. Denn das UKE habe etliche Nachteile: Einige Stationen sind unwirtschaftlich klein, die Wege zwischen den Gebäuden sind weit, und trotz unterdurchschnittlicher Besetzung sind die Personalkosten überdurchschnittlich hoch. „Vielleicht beschäftigen wir mehr Akademiker oder es liegt an den Überstunden“, mutmaßte Leichtweiß. Ein weiterer Nachteil des UKE sei, dass es der Wissenschaftsbehörde unterstellt ist: „Das macht Entscheidungswege lang“, klagte Behrends.
Das soll anders werden. Auch Wissenschaftssenatorin Krista Sager (GAL) will sich „für eine zügige rechtliche Verselbständigung des UKE einsetzen.“ Dann wäre das UKE-Direktorium Chef aller Beschäftigten – auch von den Professoren, die jetzt direkt der Senatorin unterstellt sind. Aber es soll sich noch mehr ändern: Kliniken sollen zu Zentren zusammengefasst, die Pflege effektiver organisiert werden, die Kooperation mit niedergelassenen Ärzten soll verstärkt und Personal flexibler eingesetzt werden.
Gedacht ist an leistungsbezogene Bezahlung – nicht mehr unbedingt nach BAT – und einen Pool von Mitarbeitern, die in unterschiedlichen Bereichen arbeiten. Das sei zwar alles noch nicht konkret, doch fest steht: „Das Ganze wird so viel Geld kosten, dass es aus staatlichen Mitteln nicht zu bezahlen ist“, kündigt Behrends an. Allein der Bau des geplanten Mutter-Kind-Zentrums wird 70 bis 80 Millionen Mark kosten: „Wir brauchen privates Kapital“. Klar sind außerdem bauliche Veränderungen: „Ob es einen Teil- oder einen kompletten Neubau gibt, entscheiden wir nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten“.
Und ziemlich klar ist auch, dass es Ärger mit den Mitarbeitern geben wird: „Die Umsetzung des Zielbildes bedeutet selbstverständlich auch eine erhebliche Reduzierung des Personals“, sagte Behrends. Wolfgang Rose, Hamburgs ÖTV-Chef, kündigte an: „Betriebsbedingte Kündigungen und eine Verschlechterung der tarifvertraglichen Regelungen sind mit uns nicht zu machen.“
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