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Ostdeutsche gucken in die Steckdose

■ Veag-Konzern verweigert Stromdurchleitung. KundInnen können kaum wechseln. Minister Müller verhandelt heute

Berlin (taz) – Millionen VerbraucherInnen in den fünf östlichen Bundesländern haben Pech. Die Möglichkeit, den Energieversorger zu wechseln, gibt es für sie faktisch nicht. Denn der ostdeutsche Energiekonzern Veag verweigert die Durchleitung von Konkurrenzstrom durch seine Leitungen – egal, ob es sich um billigeren Saft handelt oder sauberen Ökostrom.

In Dresden sei es noch keinem Privathaushalt gelungen, den Anbieter zu wechseln, erklärt Corynn Lange, Sprecherin des örtlichen Versorgers Drewag. Im übrigen Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sieht es ähnlich aus. Während sich in den westlichen Ländern der Wettbewerb entfaltet und dort schon einige zehntausend KundInnen ihre alten Versorger verlassen haben, herrscht in den östlichen weitgehend Ruhe.

Ihm sei nicht bekannt, dass Konkurrenten der Veag Lieferverträge mit PrivatkundInnen abgeschlossen hätten, sagt Veag-Sprecher Immo von Fallois. PreussenElektra aus Hannover bestätigt: „Wir bieten im Osten nicht an“, so Sprecherin Angela Ettl.

Der Osten eine wettbewerbsfreie Zone? Das bestreitet Klaus Wertel ganz energisch. Der Sprecher von Energie Baden-Württemberg (Marke Yello): „Wir bedienen jeden Kunden.“ Auch im Osten unterzeichne seine Firma Verträge – sogar unter der Voraussetzung, dass EnBW nicht seinen Billigstrom zu den VerbraucherInnen transportieren darf, sondern Energie zu höherem Preis bei Veag kaufen muss. Wie viele Verträge EnBW im Osten unter Dach und Fach hat, will Wertel jedoch nicht verraten.

Die Veag stützt ihre starre Haltung auf einen Satz des Energiewirtschaftsgesetzes, der teuren Strom aus Braunkohle – im Osten der größte Teil – vom Wettbewerb ausnimmt. „Wir müssen die ostdeutsche Energiewirtschaft schützen, sonst riskieren wir die Existenz eines ganzen Industriezweiges mit 20.000 Arbeitsplätzen“, sagt Veag-Sprecher von Fallois. Infolge der hohen Investitionen, unter anderem in neue Braunkohlekraftwerke, liege der Produktionspreis im Osten höher als im Westen. Um sich die Preise nicht kaputtmachen zu lassen, verhindert die Veag den Stromimport.

Das ist teilweise durchaus im Interesse der großen westlichen Stromkonzerne Bayernwerk, RWE, PreussenElektra und EnBW. Denn diesen gehört die Veag. Würde der Ostkonzern durch den offenen Wettbewerb gezwungen, die Preise weiter zu senken, gingen den Anteilseignern erhebliche Einnahmen verloren.

Gegen das West-Ost-Kartell haben nun zehn Konkurrenten der Veag, darunter das finnische Unternehmen Fortum, Beschwerde beim Bundeskartellamt eingelegt. Wegen der schwierigen Rechtsmaterie wird die Entscheidung der Wettbewerbshüter aber noch Monate auf sich warten lassen.

Auch Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) ist inzwischen aktiv, um die östliche Enklave aufzubrechen. Heute trifft er sich in München mit der Veag und den Westkonzernen, um einen Kompromiss vorzuschlagen. Der Wirtschaftsminister will die Energieunternehmen überzeugen, regelmäßig eine gewisse Menge Braunkohlestrom abzunehmen, damit die Veag nicht in die Knie geht. Das könnte dazu führen, dass die Konzerne von ihrer harten Position abrücken.

Hannes Koch

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