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■ Deutschland sollte zur Monarchie werden – nach dem guten Vorbild von Tonga. Ein Appell von König Taufa'ahau Tupou IV.Wir sitzen alle in einem Kanu

Ich liebe die Menschen, die Menschen lieben mich – Kritikern glaubt man nicht

Ich war immer ein großer Freund Deutschlands und bin es nach wie vor. Tonga und Deutschland haben ja seit jeher sehr freundschaftliche Beziehungen – seit den Tagen von Bismarck und Kaiser Wilhelm Second. Aus dieser Zeit stammen auch unsere Freundschaftsverträge. Und noch heute gibt es Kooperationen und Wirtschaftshilfe. Hier in Tonga leben einige Deutsche, die ihren Beitrag zum Wohlergehen aller leisten. Auf unseren Vavau-Inseln etwa war in einem Hotel ein erstklassiger deutscher Koch, der beste in unserem Land. Ich habe sein Essen immer sehr genossen.

Um Politik zu verstehen, ist das Wissen um Geschichte überaus wichtig. Daraus lernt man sehr viel. Nehmen wir Bismarck, den Gründer des deutschen Kaiserreichs: Er ist für mich der größte Politiker, den es je gab – und bleibt unvergleichlich. Danach kommt wirklich sehr lange niemand. Unglücklicherweise folgte das Reich ja nicht seiner Politik, und Bismarck musste später zurücktreten. Deutschland wäre gut beraten gewesen, wenn es dem Bismarckschen System gefolgt wäre. Ich glaube, viele Deutsche wissen und fühlen noch heute, dass das alles ein großer Fehler war. Wenn die alten Monarchien Deutschland, Österreich und Russland zusammengehalten hätten, wäre ein Krieg nicht möglich gewesen. Eine solche starke und kraftvolle Allianz hätte niemand herausgefordert, das liegt für mich klar auf der Hand. Deutschland könnte vielleicht sogar heute noch einen Kaiser haben.

Die Geschichte Tongas hat gezeigt, dass die Freiheit unserer Gesellschaft nicht durch ein Parlament geschaffen worden ist, sondern durch das Königshaus. Der König von Tonga ist seit Jahrhunderten immer der oberste Wächter des Volkes gewesen. Durch ihn sind die Freiheiten garantiert, und niemand kann sie wegnehmen. Das ist der Schlüssel unseres Lebens. Und das ist meine Verpflichtung und meine Verantwortung. Zudem gilt es – und das ist mir das Wichtigste – den Frieden zu wahren. Es hat mal jemand gesagt, du kannst alles mit einem Bajonett regeln, aber du kannst dich nicht darauf setzen, nicht darauf ausruhen.

Ich liebe die Menschen, und die Menschen lieben mich. Kritiker des monarchistischen Systems hier in Tonga wie Pohiva [seit 15 Jahren gewählter Parlamentsabgeordneter; die Red.] verstehen die Geschichte nicht. Aber dem vertraut sowieso niemand so recht.

Ich glaube fest daran und weiß, dass Demokratien als solche in vielen Staaten die Lebensbedingungen, Freiheiten und Rechte der Bürger erheblich verbessert haben, selbstverständlich. Aber: Rein parlamentarische Verfassungen bieten keine Garantie für Freiheit und für Frieden. Sie basieren qua Definition auf Konflikt – und zwar zwischen denen, die an der Macht sind, und der Opposition.

Solche offenen Demokratien bergen ernste Gefahren, wenn etwas schief geht – und es gehen immer Dinge schief: Militärmacht, Putsch, Gewalt, Revolution, Krieg. Wenn zum Beispiel die Kontrolle über das Militär verloren geht – und das kann schnell passieren –, sind die Gefahren für die Demokratien schwer zu bannen. Aber genau das muss man natürlich. Dies brauche ich den Deutschen eigentlich nicht zu sagen, denn sie wissen, wie schrecklich militärische Macht sein und wie sie enden kann, leider.

Unsere monarchistische tonganische Verfassung ist auf Konsens aufgebaut. Sie wurde geschaffen, um Menschen und Interessen zusammenzuführen. Wir setzen auf eine gedankliche Vereinigung aller. Selbstverständlich werden Meinungen eingeholt durch die Krone: von den Abgeordneten des Volkes und den Inselfürsten. Wir diskutieren und finden immer Lösungen in aller Sinn, bevor wir handeln. Und das funktioniert sehr gut seit weit über einem Jahrhundert. Unsere politische Stabilität macht uns verlässlich für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit anderen Staaten – im Rahmen unserer Möglichkeiten.

Sehen Sie sich nur die Geschichte Europas an: Manche hatten Erfolg mit der Demokratie, durchaus. Aber zum Beispiel Russland, die Revolution 1917 gegen den Zaren war ja demokratisch, aber dann haben die Kommunisten die Demokratie gehijackt. Wir wissen, wozu das für über 60 Jahre geführt hat und wie schlecht es den Menschen dort jetzt geht.

Oder Spanien: Vor Franco hatten die Spanier eine sozialistische Regierung, frei gewählt, aber sie wurde extrem kommunistisch. Es folgte der Militärputsch durch Franco, dann dieser lange Bürgerkrieg mit so viel Blutvergießen. Erst als Franco tot war, konnte die Monarchie restauriert werden, mit der Folge einer demokratischen Verfassung. Ohne Monarchie gab es keinen Frieden für das spanische Volk.

Man kann viele Dinge schnell ändern, neue Regelungen beschließen. Selbst bei Friedensvereinbarungen. Wie der Vertrag von Versaille. Aber so etwas kann ausgenutzt, umgebogen werden. Etwa durch Hitler, wie wir alle wissen. Die Mehrheit hat 1933 frei gewählt, und wen: die Nazis – und damit die Diktatur. Worauf ich hinaus will: Wenn ein frei gewähltes Parlament Fehler macht, kann es ein großes Blutvergießen geben beim eigenen Volk und bei vielen anderen unschuldigen Opfern. Und die Deutschen sind durch die Hölle gegangen.

Und wie leicht können Parlamente korrumpiert werden! Solange es Menschen gibt, gibt es Einzelinteressen und die Gefahr der Korruption. Wenn man die Korruption abschaffen will, muss man die Leute abschaffen. Oder anders gesagt: Ohne einen Monarchen sind die Gefahren sehr groß, dass etwas schief geht. Ohne König keine Stabilität. Auch freie Wahlen sind immer ein Risiko. Bei nicht monarchistischen parlamentarischen Verfassungen können extrem gefährliche Konflikte aufkommen. Der Preis können zahlreiche Menschenleben sein. Viele Menschen verstehen das nicht.

Die Geschichte des Königreiches Tonga zeigt: Freiheit gibt es auch ohne Parlament

Die Teilung des deutschen Volkes nach dem World War II ist ja sehr künstlich gewesen, so wie sie zwischen Westsamoa und Amerikanisch-Samoa heute noch ist. Tonga dagegen ist friedfertig, fortschrittlich und politisch immer sehr stabil gewesen. Und wir waren niemals Kolonie [als einziges Land im gesamten Südpazifik; die Red.] – nicht zuletzt verdanken wir das unserer Monarchie.

Die ganze Welt ist dabei, sich anzunähern. Auch Russland zum Beispiel braucht die Kooperation mit Europa und wird mehr und mehr integriert. Osteuropa und der Westen brauchen sich gegenseitig, auch wirtschaftlich. Die Gefahr von Feindseligkeiten wird immer unwahrscheinlicher. Auch China kann nicht außen vor bleiben : Das habe ich bei meinem Staatsbesuch dort Mitte Oktober auch betont. Jeder, der draußen bleibt, ist ein Verlierer. In our terms: Wir sitzen alle in einem Kanu.

König Taufa'ahau Tupou IV.

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