: Straffungskur für die SPD
■ Landesvorstand beschließt einstimmig modernere Parteistrukturen: Der Parteitag wird verkleinert, und den Geschäftsführer darf sich der Vorstand künftig alleine aussuchen
Effektiver, schneller, moderner – auf diese Formel brachte SPD-Chef Peter Strieder gestern die Parteireform, die der Landesvorstand am Montag abend einstimmig beschlossen hat. Die Einmütigkeit überrascht. Immerhin wird der Parteitag verkleinert und der Landesausschuss abgeschafft. Außerdem soll der Landesgeschäftsführer nicht mehr von einem Parteitag gewählt, sondern vom Parteivorstand „bestellt“ werden. Diese Änderung der Statuten muss vom Parteitag im Dezember verabschiedet werden, doch allenfalls bei der künftigen Stellung des Geschäftsführers wird eine Debatte erwartet.
Ohne die politische Legitimation durch einen Parteitag mutiert er künftig zum höchsten Angestellten der Partei, der in erster Linie dem Vorstand rechenschaftspflichtig ist. Im Vorstand verliert er zudem sein Stimmrecht. „Die bisherige Regelung entsprach nicht dem Anspruch an modernes Management“, erklärte gestern SPD-Sprecher Frank Zimmermann. Doch spielt auch ein Hintergedanke eine Rolle: Der Vorstand kann sich einen Geschäftsführer aussuchen, zu dem er ein Vertrauensverhältnis hat.
Unumstritten ist die Abschaffung des Landesausschusses. Dieser so genannte kleine Parteitag war nach der Wende eingerichtet worden, um die 23 Kreisvorsitzenden aus Ost und West stärker einzubinden. Künftig werden es wegen der Bezirksfusion nur noch zwölf Kreischefs sein. Sie werden qua Amt dem Parteivorstand angehören.
Die Verkleinerung des Parteitags ist ebenfalls unumstritten. Ab dem Jahr 2002 werden es statt 360 Delegierten nur noch 266 sein. Damit sinkt der Anteil der Delegierten aus dem Ostteil der Stadt von 69 auf künftig 40. Sie stellen damit aber nach wie vor ein Fünftel der Delegierten. Die Ost-Kreisvorsitzenden hätten die Verkleinerung des Parteitags zwar lieber auf 2004 verschoben, doch mit dem Kompromiss können sie leben.
Eine tragfähige Lösung wurde auch für die Fusionsbezirke Kreuzberg/Friedrichshain und Tiergarten/Wedding/Mitte gefunden. Damit die mitgliederschwachen Ostbezirke nicht untergebuttert werden, wurde für die gemeinsame Kreisdelegiertenkonferenz eine Sonderregelung vereinbart, die den Ostbezirken eine etwas stärkere Vertretung sichert. Nach dem Modell erhält Friedrichshain sieben Delegierte mehr als ihm nach Mitgliederzahlen zustehen. Dennoch stellt Kreuzberg noch zwei Drittel der Delegierten, Friedrichshain nur ein Drittel.
Bei so viel Straffung der Strukturen unterlief allerdings ein Formfehler: Satzungsänderungen müssen vier Wochen vor einem Parteitag bekannt sein. Bis zum geplanten Parteitag am 6. Dezember sind es aber nur noch drei Wochen. Der Landesvorstand zog sich mit dem Argument aus der Affäre, die Vorschläge würden bereits seit einem Jahr diskutiert.
Dorothee Winden
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