: Öko nur für Vegetarier
Ernährungsstreit an der Mensa: Vorstand des Studentenwerks entzweit sich über Rohstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau ■ Von Gernot Knödler
Der Ehrliche ist der Dumme, der Öko auch, und wie sich bald in den Hamburger Mensen erweisen könnte, die Vegetarierin erst recht. Im Vorstand des Studentenwerks, das die Verköstigungsanlagen betreibt, ist unlängst Zwietracht zwischen den Fraktionen der Idealis-tInnen gesät worden.
„Diese Leute spielen die Vegetarier gegen die kontrolliert biologischen Anbau-Freaks aus“, ärgert sich Hagen Eichler, der für die Studenten der Hamburger Uni in dem Gremium sitzt. Die Vegetarier sollten nicht das Öko-Essen für alle finanzieren, meinen die Studenten. Und weil sie davon nicht abrücken wollen, wird es in den Mensen Öko-Zutaten bis auf weiteres nur in vegetarischen Gerichten geben.
Die zwölf Mensen geben pro Jahr zwölf Millionen Essen aus und könnten dem ökologischen Landbau durch ihre Nachfrage einen kräftigen Schub verpassen. Eine Arbeitsgruppe des Studentenwerks hatte daher vorgeschlagen, dass künftig in allen fünf Essen der Studentenrestaurants Zutaten aus kontrolliert biologischem Anbau (kbA) verkocht werden sollten. Bis dato gibt es die nur im vegetarischen Essen Nummer vier.
Die Preise der verschiedenen Mahlzeiten sollten nach der Umstellung zunächst gleich bleiben. Obwohl in der Arbeitsgruppe auch Studenten gesessen hatten, forderten diese nun Nachbesserungen: Essen vier soll statt 4,50 Mark künftig nur noch 3,50 Mark kosten. Erst 1998, nach der Umstellung auf kbA, war es um diese eine Mark verteuert worden.
Gleichzeitig sei der Anteil derjenigen, die sich für das vegetarische Essen entschieden von 23 auf 17 Prozent gesunken, sagt Hagen Eichler. Die Gerichte würden ganz oder teilweise vorgekocht angeliefert und kosteten viel Geld. Würden dagegen, dem Vorschlag der Arbeitsgruppe entsprechend, rohe kba-Produkte je nach Saison eingekauft und verarbeitet, wären sie kaum teurer als konventionelle Lebensmittel, argumentiert der Student. Der Preis könne sinken.
„Die gleichzeitige Einführung von kbA-Produkten und eine Preissenkung funktioniert nicht“, prognostiziert dagegen Peter Thiel vom Studentenwerk. Der Vorschlag der Studenten würde erfordern, den bereits beschlossenen Wirtschaftsplan 2000 zu ändern. Das Risiko steigender Kosten sei zu groß. „Wenn das Geld weg ist, wie will man das wieder reinholen?“, fragt Thiel. Ein studentisches Kompromissangebot, das Essen vier um 50 Pfennige billiger zu machen, stieß bei den Vorstandskollegen auf taube Ohren. Damit nicht einfach alles beim alten bleibt, wollen die Studenten jetzt weiterverhandeln.
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