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■  Alle wollen die Rolle des Retters von Deutschlands zweitgrößtem Baukonzern spielen: Eine große Koalition prominenter Politiker appelliert an die gesellschaftliche Verantwortung der Banken. Doch Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit zeigen, dass staatliche Rettungsversuche maroder Konzerne sinnvoll, aber schwierig sindPhilipp Holzmann darf nicht sterben

Eine große Koalition versucht die Wirtschaft zu zivilisieren. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) mischten sich in den vergangenen 36 Stunden in die Affäre um den bankrotten Baukonzern Philipp Holzmann AG ein. Deutschlands zweitgrößte Baufirma musste gestern Konkurs anmelden, weil die Deutsche Bank, die Commerzbank und andere einflussreiche Kreditinstitute dem Unternehmen nicht genug Geld für die Weiterexistenz geben wollten. Dürfen die Großbanken 17.000 Arbeitsplätze bei Holzmann und weitere 40.000 bei den Zulieferfirmen so einfach in Gefahr bringen? Schröder erinnerte die Banken gestern daran, neben ihrer betriebswirtschaftlichen auch „die gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Verantwortung zu sehen“.

Hessens Ministerpräsident Koch beurteilt die Sache ähnlich. Am Montagabend versuchte er, die Banken umzustimmen, allen voran den Holzmann-Großaktionär Deutsche Bank. Es müsse möglich sein, so Koch vor der Verhandlung, die notwendige Sanierungssumme von 3,55 Milliarden Mark zusammenzubringen. Deutsche-Bank-Vorstand Carl von Boehm-Bezing hatte 1,5 Milliarden geboten, die anderen Banken geringere Summen. Im Schneetreiben am späten Abend musste Koch jedoch eingestehen, dass er gescheitert war. Das fehlende Geld, das sich je nach Rechnung auf bis zu 600 Millionen Mark beläuft, war bei den Banken nicht loszueisen. Heute will Kanzler Schröder einen weiteren Versuch unternehmen und mit den Bankvorständen in Frankfurt sprechen.

Angesichts der gigantischen Baupleite übernehmen die Spitzenpolitiker eine Verantwortung für ein Unternehmen, die in Zeiten, in denen sich der Staat zunehmend aus dem Wirtschaftsleben zurückzieht, nicht selbstverständlich ist. Offensichtlich will sich der Staat, ob nun CDU- oder SPD-Politiker die Spitzenämter bekleiden, nicht darauf beschränken, der Wirtschaft mittels Gesetzen einen Rahmen zu geben.

Man greift direkt in die Auseinandersetzung um ein gefährdetes Unternehmen ein. Freilich bietet die Holzmann-Pleite Gerhard Schröder eine willkommene Gelegenheit, diejenigen eines Besseren zu belehren, die seiner Politik „soziale Kälte“ vorwerfen. Über die öffentlichkeitswirksamen moralischen Appelle an die Banken hinaus stellt sich nun aber die Frage, was die Regierungen praktisch tun können. Geld geben? Ausschließen wollte der Bundeskanzler ein finanzielles Engagement gestern nicht. Kann es für die Politik überhaupt sinnvoll sein, sich in Wirtschaftsunternehmen einzumischen? Im Falle der Preussag Stahl AG hatte Gerhard Schröder, damals noch niedersächischer Ministerpräsident mit dem Ziel Kanzlerkandidat, schon einmal interveniert. Ausländische Konzerne wollten die Preussag Anfang 1998 kaufen, doch das Land schnappte ihnen den Brocken vor der Nase weg. Damals ging es der Preussag gut, heute geht es ihr gut – trotz öffentlichen Besitzes ist alles in Butter.

Auch bei der bayerischen Maxhütte legte sich die Politik, in diesem Fall die Münchner Landesregierung, schwer ins Zeug. Als das Stahlwerk 1987 Konkurs anmeldete, übernahm Bayern 45 Prozent der Aktien, rettete dadurch 1.800 von 12.000 Jobs und spendierte viele Millionen Mark. Das allerdings gab Ärger: Der europäische Wettbewerbskommissar Karel van Miert sah darin eine illegale Subventionierung und setzte die Rückzahlung der staatlichen Förderung durch. Auch sonst ward der Maxhütte keine glänzende Zukunft beschert: Inzwischen ist das Unternehmen wieder in Konkurs gegangen. Die Staatsgelder entpuppten sich als Hilfe beim langsamen Sterben. Sie sichern das Auslaufen der Arbeitsplätze ab. Ähnlich lief es beim Bremer Vulkan. Als die Werft 1996 in Konkurs ging, übernahm eine vom Land Bremen unterstützte Beschäftigungsgesellschaft tausende Arbeiter und ermöglichte ihnen den Übergang in andere Jobs.

Sollten sich der Bund, das Land und die Stadt Frankfurt auch bei Holzmann engagieren, gibt es zwei Varianten. Erstens könnte der Staat unprofitable Teile des Konzerns noch einige Jahre aufrechterhalten, damit das Personal nichtauf der Straße steht. Die gewinnbringenden Projekte würde die Konkurrenz einkaufen. Variante zwei: Holzmann überlebt als Ganzes dank staatlicher Bürgschaften.

Hannes Koch

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