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Trocken ins Jahr 2000

■ Auf der Datumsgrenze in Alaska Silvester feiern – eine zweischneidige Sache

Anchorage/USA (AP) – Ein Haufen aus Fels und Eis inmitten des Meeres. Weit und breit kein Hotel. Die Insel Little Diomede ist wahrlich kein Platz, wo man seinen Urlaub verbringen möchte. Und doch: In diesem Jahr ist alles anders. Seine Lage in der Beringstraße, praktisch nur ein Steinwurf östlich von der internationalen Datumsgrenze entfernt, macht das Eiland zu einem der interessanten Millennium-Plätze: Es ist der Ort, an dem sich das alte Jahrtausend zuletzt verabschieden wird.

Nur etwa 160 Eskimos wohnen auf dieser Insel. „Die Menschen hier leben so, wie sie es vor hunderten, wenn nicht tausenden von Jahren getan haben“, erklärt die Reiseveranstalterin Lori Egge. Sie hat diesen Platz als „Location“ für eine der exotischsten Jahrtausendfeiern entdeckt. Wenn das Eis rund um die Insel friert, ist es ein kurzer Fußmarsch vom neuen Jahrtausend ins alte und umgekehrt.

Little Diomede ist nur fünf Quadratkilometer groß. Was die Insel so besonders macht, ist unsichtbar: die internationale Datumsgrenze, die etwa ein Kilometer westlich im Meer verläuft.

Lori Egge, Besitzerin des Reisebüros Sky Trekking Alaska, bietet einen elf Tage langen „Tanz auf der Datumslinie“ an. Über das gefrorene Meer geht es dann zur unsichtbaren Linie, die das Heute vom Morgen trennt. Während das eine Bein hier schon im Jahr 2000 steht, befindet sich das andere noch im alten Jahr. Mit Hilfe des globalen Positionssystem wollen die Datumstänzer diese magische Linie finden. „Theoretisch darf man eigentlich nicht die Datumsgrenze überqueren und ohne Visum nach Russland eindringen“, erklärt Egge. Ein Visum ist aber wahrscheinlich das Letzte, worum sich die Teilnehmer dieser Reise sorgen werden. Unvorhersehbares Wetter, Eisbären und Kosten von über 12.000 Dollar (gut 20.000 Mark): Wer diesen Trip gebucht hat, weiß, dass dies keine gewöhnliche Silvesterfeier wird.

Ob das alles überhaupt so funktionieren wird, steht noch in den Sternen. „Normalerweise friert das Eis erst Ende Januar oder Anfang Februar zu einer festen Schicht“, erklärt Patrick Soolok vom Stammesrat der Inselbewohner. Egge und ihre Gruppe seien bislang die Einzigen, die eine Besuchserlaubnis des Stammesrates beantragt und erhalten hätten, fügt er hinzu. Eines steht schon fest: Wer mit Champagner auf das neue Jahr anstoßen will, hat auf Little Diomede schlechte Karten. Alkohol ist hier strengstens verboten.

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