piwik no script img

Alles rein nachbarschaftlich

■ Hausmeister, der nichtdeutsche MieterInnen bedroht, muss wegen Beleidigung und Körperverletzung Geldstrafe zahlen

Die Wohnung ist gekündigt. Die tägliche Furcht war zu groß, die Hoffnung auf ein friedliches Nebeneinander dahin. Zu oft schon hatte Nasser V. sich vom Hausmeister seines Wohnblocks in Barmbek als „Kameltreiber“ und „Kümmeltürke“ beschimpfen lassen müssen. Zwar wurde Heinz R. dafür nun strafrechtlich zur Verantwortung gezogen – wegen Beleidigung und Körperverletzung hat er eine Geldstrafe in Höhe von 1800 Mark zu zahlen. Dass ihn dies zur Reue zwingt, glauben der Iraner Nasser V. und dessen Ehefrau Ingrid P. jedoch nicht. Sie ziehen aus ihrer Wohnung aus.

Auch die gestrige Gerichtsverhandlung macht wenig Hoffnung auf eine Einsicht bei Heinz R. Den Strafbefehl, den er erhalten hatte, nachdem er im Juli Nasser V. zu Boden geprügelt und verletzt hatte, hat er nicht akzeptiert – obwohl er dem Mieter sogar noch mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte, als die Polizei schon vor Ort war. Deshalb sitzt er nun auf der Anklagebank. Selbstgefällig hat er den linken Arm über der Rückenlehne ausgestreckt. Wochen zuvor habe sich der Vorfall bereits angebahnt, da habe V. ihn wegen Schäden in seiner Wohnung angerufen, „an einem Samstag“. Zwei Mal habe er einfach wieder aufgelegt, „was habe ich damit zu tun, wenn in der Wohnung die Heizung klopft?“

An jenem Tag im Juli dann traf man sich vor der Haustür. Heinz R. sagt, Nasser V. habe ihn „Arschloch“ genannt. Erst daraufhin habe er ihn als „Wichser“ und „Kamel-treiber“ beschimpft, aber nicht aus Rassismus, sondern Erregung. Ausländerfeindlich sei er nicht – habe sein Sohn nicht sogar „Türkenfreunde“?

Wer wen daraufhin wo genau schlug und traf, lässt sich eindeutig nicht mehr klären. Der Hausmeister will später Schmerzen an den Nieren verspürt haben, Nasser V. hatte eine aufgeplatzte Lippe und einen lockeren Zahn. Den Schlag ins Gesicht hatte der Hausmeister ihm im Beisein von Polizeibeamten versetzt. Leugnen ist zwecklos. Als die Richterin andeutet, dass das Urteil härter ausfallen könne als der Strafbefehl, zieht Heinz R. kleinlaut seinen Einspruch gegen die Geldstrafe zurück.

Die Strafe in Höhe von 1800 Mark sei „ein Geschenk“ für den Angeklagten, findet Rechtsanwältin Stefanie Martens, die Nasser V. vertritt. Der weiß, dass sich auch andere nichtdeutsche BewohnerInnen des Hauses in Barmbek vor dem Hausmeister fürchten. Als sich seine Frau Ingrid P. jedoch nach dem Vorfall im Juli schriftlich bei der Hausverwaltung beschwerte, tat diese den Vorfall als „reine nachbarschaftliche Streitigkeit“ ab.

Elke Spanner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen