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Einmal ganz rechts auf dem Zettel

Die NPD tritt als einzige rechtsextreme Partei zur Schleswig-Holstein-Wahl an  ■ Von Peter Ahrens

Die NPD versuchts mit der berühmten Politikverdrossenheit. „Welche Politiker sind noch für das Volk da?“ fragen die rechtsextremen Nationaldemokraten in ihrer Wahlkampfzeitung Der Wecker und geben sich selbst die Antwort: „Die NPD ist die Partei, die die Machenschaften der Altparteien schonungslos aufdeckt.“ Für Michael Wolf vom Kieler Landesamt für Verfassungsschutz ist es keine Überraschung, dass die Rechten versuchen, aus der CDU-Spendenaffäre Honig zu saugen: „Das Konzept liegt doch eindeutig auf der Hand.“ Während die NPD zur schleswig-holsteinischen Landtagswahl antritt, verzichten die anderen Rechtsparteien DVU und Republikaner – nicht ganz freiwillig.

„Nicht vergessen: Wir sind in Schleswig-Holstein die einzige nationale Kraft, die an der Landtagswahl teilnimmt“, tönt die NPD. Die schleswig-holsteinische DVU, 1996 mit 4,3 Prozent nur knapp an der parlamentarischen Hürde gescheitert und vier Jahre zuvor im Landtag vertreten, hätte wohl auch gewollt, weiß Wolf, ist aber von ihrem allmächtigen Parteichef Gerhard Frey zurückgepfiffen worden – auch, wenn Landesvorsitzender Heinrich Henftling aus Reinbek das weit von sich weist: „Wir arbeiten hier oben vollkommen selbstständig und unabhängig.“ Frey hat nicht vergessen, dass sich der Großteil der Fraktion nach dem Einzug der DVU in den Landtag 1993 gegen ihn gewandt und der Partei den Rücken gekehrt hat und die Partei zudem 1996 trotz erheblicher Finanzspritzen aus München den Wiedereinzug ins Parlament nicht schaffte. Diesmal blieb der Geldhahn zu.

So sind es denn offiziell auch finanzielle Gründe, an denen die Kandidatur der DVU gescheitert ist. Ähnlich bei den Republikanern: Ihnen fehlten Geld und Kandidaten, um sich aufstellen zu lassen. „Absprachen zwischen den Rechts-Parteien, zugunsten der NPD von einer Kandidatur abzusehen, hat es wohl nicht gegeben“, ist Wolf überzeugt.

Die NPD hat laut Verfassungsschutz gut 200 Mitglieder in Schleswig-Holstein. Auch wenn ihre Anzahl in der jüngsten Zeit gestiegen ist und vor allem Jüngere aus der Neonazi-Szene zur Partei gestoßen seien, hat die NPD nach Wolfs Einschätzung „keinen politischen Unterbau in dem Bundesland“. Zu einer millionenschweren Kampagne, wie Frey sie mit der DVU fährt, sei sie nicht in der Lage: „Ein paar Postwurfsendungen, Handzettel, mehr können die eigentlich nicht auf die Beine stellen“, sagt Wolf und übersieht dabei die relativ dichte NPD-Plakatierung im Wahlkampf.

Spitzenkandidat der Nationaldemokraten ist Ingo Stawitz. Der ist in der rechten Szene Schleswig-Holsteins ein alter Bekannter. Nach dem Einzug der DVU in den Landtag 1992 war er Fraktionschef der Volksunion. Nach dem Krach mit Frey gründete er 1993 mit drei Fraktionskollegen die Deutsche Liga für Volk und Heimat, die heute noch als Verein existiert und für die er nach wie vor aktiv ist.

Schätzungen, wie viele Stimmen die NDP bei der Wahl erhalten könnte, liegen den Verfassungsschützern offiziell nicht vor. Zumindest Wolf geht jedoch davon aus, dass die Partei nur eine Statis-tenrolle einnehmen wird – trotz Spendenaffäre und trotz des Fehlens der anderen rechtsextremen Parteien auf dem Wahlzettel.

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