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Haider-Gegner füllen den Wiener Heldenplatz

■ Hunderttausende demonstrieren gegen die Beteiligung der rechten FPÖ an der österreichischen Regierung und verlangen Rücktritt von Kanzler Schüssel. Haider im Restaurant überrascht. FPÖ-Chef sieht Kundgebungsteilnehmer als von Sozialdemokraten und Grünen bezahlt und warnt vor der „Gewalt der Straße“

Berlin/Wien (taz) – Als „großen Erfolg“ haben gestern die Veranstalter von „SOS Mitmensch“ die Demonstration gegen die Regierungsbeteiligung von Jörg Haiders FPÖ in Österreich gewertet. Jetzt soll jede Woche demonstriert werden. Zwischen 150.000 (Polizeiangaben) und 300.000 Menschen (Veranstalter) hatten am Samstagabend auf dem Wiener Heldenplatz gegen die rechts-konservative Regierung protestiert – die größte Demonstration in der Geschichte der zweiten österreichischen Republik. Auf dem selben Platz hatte Adolf Hitler 1938 triumphal den „Anschluss“ Österreichs an Nazideutschland gefeiert.

Die von Haider als „blödsinnige Demonstration“ bezeichnete Kundgebung entwickelte sich zum Symbol für den Widerstand von unten. Obwohl neben Menschenrechtsgruppen, Jugend- und Frauenorganisationen und Gewerkschaften auch Sozialdemokraten und Grüne zu der Demo aufgerufen hatten, spielten Parteien dort keine große Rolle, Parteienvertreter traten auch nicht als Redner auf. Den größten Applaus erhielt der französische Schauspieler Michel Piccoli mit seinem Satz: „Heute Abend haben nicht irgendwelche Staatsmänner, sondern wir Geschichte gemacht.“ Der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, warnte vor dem „Gift des Rassismus“. Der auch als taz-Autor bekannte Robert Misik verlangte den Rücktritt von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, was dieser anschließend als „Ausdruck emotionalen Überschwangs“ bezeichnete.

Die Demonstration in strömendem Regen verlief nahezu vollständig friedlich. Nur vier Personen, darunter zwei Deutsche, wurden wegen Sachbeschädigung festgenommen.

Der FPÖ-Chef wurde beim Abendessen von Demonstranten überrascht. Rund 300 Demonstranten belagerten ein italienisches Restaurant, in dem Haider speisen wollte, betraten die Gaststätte aber nicht. Haider verließ das Lokal durch einen Hinterausgang und unter Polizeischutz.

Noch vor Beginn der Demonstration hatte der FPÖ-Chef behauptet, Sozialdemokraten und Grüne würden die Demonstranten in Wien für ihren Einsatz bezahlen. „Linke sozialistische Kreise, die dieses Land abgewirtschaftet haben“, so Haider, setzten jetzt „die Gewalt der Straße“ ein. Die Organisatoren wollen Jörg Haider wegen seines Vorwurfs der bezahlten Demonstration verklagen. klh

Tagesthema Seite 3, Dokumentation Seite 10

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