Press-Schlag: Der Fußballritter
Der große Sir Stanley Matthews ist tot
Jeder Gegenspieler wusste ganz genau, wie es kommen würde. Stanley Matthews würde auf ihn zustreben, den Ball provozierend nah herantragen, dann links antäuschen und rechts vorbeigehen. Das war der Stanley-Trick. Man kannte ihn. Dagegen anzukommen, war schwer. Deswegen nannte man den Rechtsaußen „the Wizard of the Dribble“, deswegen war er gefürchtet und gerühmt.
Matthews perfektionierte seinen Trick immer wieder. Zeit genug hatte er dafür. Er spielte 35 Jahre lange als Profifußballer. Matthews dient wohl Lothar Matthäus als Vorbild. In einem Alter, wo manch einer an die Frühberentung denkt, kickte der Engländer noch im Nationalteam.
Gilt Matthews Karriere Matthäus als Maßstab, sollten Lodda noch wenigstens zwölf aktive Jahre als Profikicker bevorstehen. Gegen Schottland bestritt Sir Stanley mit reifen 48 Jahren sein letztes Länderspiel. Zwei Jahre später spielte er letztmalig für seinen Klub, den FC Blackpool.
Am Mittwochabend verstarb er im Staffordshire-Nuffield-Krankenhaus in Nordengland nach einer kurzen Krankheit. Er wurde 85 Jahre alt.
Matthew begann das Bewegen von Bällen als Stan, an den Ritterschlag und die Erteilung des Ehrentitels „Sir“ durch die Queen war da noch nicht zu denken. Er war schmächtig, kleinfüßig, aber zäh. Ein glücklicher Umstand führte ihn nicht zum Boxen, wie sein Vater, ein Friseur, es gerne gesehen hätte, sondern zu Stoke City, dem Fußballklub.
Mit 17 Jahren unterschrieb er 1934 seinen ersten Vertrag. Für etwa 35.000 Mark wechselte er 1947 zum FC Blackpool. Sein damaliger Mannschaftskapitän Harry Johnston sagt über den Flügelmann: „Sein Geheimnis lag in seiner unglaublichen Körperbeherrschung, seiner engen Ballführung und der Schnelligkeit eines Olmpiasprinters, wenigstens in den ersten zehn Jahren seiner Karriere.“
1953 avancierte er, der mitunter als „geizig“, „eigenwillig“ und „kleinlich“ geziehen wurde, zum Helden des Pokalfinales im Wembleystadion, als er Blackpool nach einem 1:3-Rückstand gegen die Bolton Wanderers mit drei Vorlagen auf Stürmer Stan Mortensen noch zum 4:3-Sieg führte. Scorer war Matthew nie. In 750 Partien machte er nur 82 Tore.
Nach der sportlichen Karriere zog es ihn in die Welt als Botschafter des Fußballs. Er veranstalte Traningscamps in Malta, den USA oder Südafrika. Erst 1990 kehrte er in sein Heimatland zurück. Er wurde mit offenen Armen empfangen. Bei der Wahl zum englischen Sportler des Jahrhunderts lagen nur George Best und Bobby Robson vor ihm.
Nur einen Fehler habe er in seiner Laufbahn gemacht, verriet er einmal, nämlich den, nicht noch länger gespielt zu haben: „Ich bedaure wirklich, dass ich meine Fußballschuhe so früh an den Nagel gehängt habe.“ völ
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