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Auf samtenen Pfoten

■ Der Vorzeige-Vibrafonist Stefon Harris führt seine instrumentale Eleganz vor

Was haben die so genannten Young Lions oder die selbst ernannten Neuerer vom M-Base-Kollektiv für den zeitgenössischen Jazz erreicht? Soviel kann es nicht sein, wenn ihr Nachwuchs 15 Jahre da-rauf größtenteils damit beschäftigt scheint, die Black American Music in den klassischen Adelsstand der Verkäuflichkeit zu heben.

Recht erfolgreich bemüht ist auf diesem Gebiet seit kurzem auch ein gewisser Stefon Harris. Wenn man dem 26-jährigen Vorzeige-Vibraphonisten übel wollte, könnte man schon bei seiner zweiten Platte Black Action Figure einen künstlerischen Stillstand auf höchstem Niveau diagnostizieren – was beim unbestreitbaren Können des jungen Virtuosen aber ein zu hartes Verdikt bedeutete.

Tatsächlich ist Harris' instrumentale Eleganz schier unüberbietbar, wenn auch im Studio selbstverständlich aufs Samtpfotigste abgemischt. Und seine Band (mit Greg Osby, Gary Thomas und Steve Turre als Gebläse) steuert fast abgefeimt diskret eine funky Begleitung bei, was das Produktdesign als Ganzes fast zu schön macht, um wahr zu sein. Für die durchaus Vibraphon-typische Attitüde, die Musik immer hübsch schwerelos zu arrangieren, gibt es zahlreiche Ahnen. Kompetent lässt Harris die Tugenden von Lionel Hampton über Dave Pike bis Jay Hoggard anklingen, doch an eigenständiger Stilis-tik hat er noch nicht viel zuzusetzen. Aber Virtuosität bringt er mit und eine erstaunliche Ausgewogenheit von rhythmischem Konzept und melodischer Ausgestaltung, die an einen Bobby Hutcherson in seinen Glanzzeiten erinnert. Auch der hat stets auf breiten Geleitschutz vom Klavier gesetzt und damit gern schillernde Hardbop-Balladen in flauschige Watte gepackt. Etwas weniger Pedalhall noch aufs Instrument und ein wenig beherzter ins freie Gelände geklöppelt, dann wird Stefon Harris bald noch wesentlich markantere Spuren hinterlassen. Und seine Combo dürfte ihm dabei mühelos folgen.

Im Birdland wird sich Harris in Quartettbesetzung präsentieren, reduziert auf den Pianisten Orrin Evans, Terreon Gully am Schlagzeug und den falbelhaften, Abbey Lincoln-erprobten Bassisten Tarus Mateeen. Reduce to the top!

Andreas Schäfler

Fr, 3. März, 21 Uhr, Birdland

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