Vorlauf: Skatschwesternund Große Brüder
„ARD-exclusiv – Bube, Dame und Tsatsiki“, Fr, 22.05 Uhr, ARD
Nein, hier und heute nichts vom ersten „Big Brother“ im deutschen Fernsehen. Denn der Einzug der RTL-2-Gladiatoren war schon am Mittwoch nicht mehr live, sondern über 48 Stunden alt. Seit Montag sitzt Deutschlands bekannteste Zwangs-WG im Container, doch anscheinend war das Kennenlernen bislang nicht sendefähig.
Wenden wir uns also deutlich älteren Brüdern und Schwestern zu: Tatort ist Rhodos, spätsommerlich in warmen Farben. Davon bekommt der Zuschauer in „Bube, Dame, Tsatsiki“ aber nur wenig mit, kreisen die Gedanken der Protagonisten doch um ganz andere Farben: die der Spielkarten nämlich.
Draußen scheint die Sonne, und drinnen wird gezockt, soweit man bei Skat und Rommeé überhaupt von Zocken sprechen kann. Die alljährliche „Große Skartreise“ gut abgehangener Deutscher – der Altersdurchschnitt liegt satt bei über 50 Lenzen – ist in diesem Jahr über das griechische Eiland hereingebrochen. Stören tun sie nicht weiter, die richtigen Touristen sind schon weg, und die Insel bereitet sich auf den Winter vor.
Jeden Abend wird bis in Nacht um den Supercup gespielt, zwei Wochen lang. 9.000 Partien pro Tag, an über 100 Tischen gleichzeitig. Und tagsüber zockt man privat auf der Terrasse, Strandurlaub macht hier niemand. Mittendrin: die resolute Wirtin Karin, der Kondomautomatenaufsteller Jürgen – und Jörg, dem die Frau weglief und der daher mit Mutti im Urlaub ist.
Allein der Charaktere wegen hätte Jean Bonés Feature eigentlich auch das Zeug zu (endlich!) einer guten Doku-Soap gehabt, denn das Ergebnis ist deutlich subtiler, als der platte Titel vermuten lässt. Nun ist es bei einer – aller Aufdringlichkeit der Skatfreunde zum Trotz – unaufdringlichen Dokumentation geblieben. Und auch die Chance zur Doku-Soap ist nicht verspielt: Im nächsten Jahr wird die „Große Skatreise“ zur Nilkreuzfahrt.
Steffen Grimberg
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