: Die Mühen um eine Weill-Renaissance
Kurt Weill wurde am 2. März 1900 in Dessau als Sohn eines Kantors geboren. Erste Kompositionen im späten Kindesalter. Von 1918 an Studium an der Berliner Musikhochschule, Lehrer: Engelbert Humperdinck; 1921 bis 1924 Mitglied der Meisterklasse Busonis. Zwei Jahre bis 1920 Theaterkapellmeister in Lüdenscheid. Mitte der Zwanzigerjahre Bekanntschaft und Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht, aus ihr heraus entstehen Stücke wie die Dreigroschenoper (Protagonistin: Weills Gattin Lotte Lenya) und Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny.
1933 Flucht und Emigration – Weills Musik galt den Nationalsozialisten als Paradebeispiel all dessen, was sie als jüdisch-bolschewistisch verstanden – zunächst nach Paris, dann in die USA. Anfang der Vierzigerjahre werden Weill und Lenya amerikanische Staatsbürger. Am Broadway avanciert der gebürtige Deutsche zum gefragten Komponisten: Werke wie das Antikriegsstück Johnny Johnson und Lady In The Dark sowie Lost In The Stars zählen zu den Beiträgen, die Weill zur ersten Garde der Musicalkomponisten zählen lassen.
Am 2. April 1950 stirbt Kurt Weill in New York an den Folgen einer Herzerkrankung. Seine Frau Lotte Lenya sorgte bis zu ihrem Tod 1981 dafür, dass Weills Werk in Deutschland wieder zur Kenntnis genommen – und nicht mehr nur als Anhängsel Brechts wahrgenommen wurde.
Die Freunde und Unterstützer des Werks des jüdischen Komponisten haben sich in der Kurt-Weill-Gesellschaft e.V. (Ebertallee 63, 06846 Dessau, Fon (0340) 619 595, Fax (0340) 611 907). Der Verein ist im von Bauhausarchitekten Walter Gropius erbauten Meisterhaus Feininger beheimatet und hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, künstlerischen Nachwuchs zu fördern.
Literatur: David Farneth, Elmar Juchem, Dave Stein: Kurt Weill. Ein Leben in Bildern und Dokumenten (Katalog zur Ausstellung „Musical Stages – Kurt Weill und sein Jahrhundert“ in der Berliner Akademie der Künste), Ullstein, Berlin 2000, 324 Seiten, 98 Mark; Jürgen Schebera: Kurt Weill, Rowohlt Monographie, Reinbek 2000, 162 Seiten, 12,90 Mark; Jens Rosteck: Zwei auf einer Insel. Lotte Lenya und Kurt Weill, Propyläen, Berlin 1999, 402 Seiten, 39,80 Mark; Lys Symonette, Kim H. Kowalke: Sprich leise, wenn du Liebe sagst. Der Briefwechsel Kurt Weill – Lotte Lenya; Kiepenheuer & Witsch, Köln 1999, 560 Seiten, 98 Mark.
Musik: Sein bekanntestes Werk, Die Dreigroschenoper mit dem Libretto von Bertolt Brecht, klingt am frischesten und modernsten in einer Aufnahme des Ensemble Modern, bei der u.a. Max Raabe, HK Gruber, Nina Hagen und Timna Brauer mitgewirkt haben (BMG 74321 66133 2). Lotte Lenya hat das Werk ihres Lebensgefährten und Gatten Kurt Weill kanonisiert. Ihr (und sein) Werk ist zu hören in der 11-CD-Box Lenya, darin enthalten neben einem Begleitbuch (252 Seiten + Fotos) eine originalgetreue Kopie der ersten Schallplattenaufnahme der Dreigroschenoper (Bear Family Records, Vollersode 1998, 420 Mark).
Ausstellungen und Symposien: Musical Stages Kurt Weill und sein Jahrhundert, Akademie der Künste, Berlin, bis zum 15. April. Ein hierzu begleitendes Symposium unter dem Titel Amerikanismus – Americanism an der Berliner Humboldt-Universität findet vom 8. bis 11. März statt. Im Berliner Schauspielhaus hat am 2. März (bis 15. April) eine musikwissenschaftliche Reihe unter der Überschrift hören, weill begonnen.
In des Tondichters Geburtsstadt Dessau, wo morgen das dortige Kurt Weill Fest endet, ist noch bis 24. April (Bauhausgebäude) die Ausstellung 1929 – Zeichen einer Zeit im Umbruch zu sehen.
Theater: Heute ist im Anhaltischen Theater zu Dessau noch Weills Der Kuhhandel (17 Uhr!) zu sehen, Karten sind noch erhältlich. Morgen, gleichfalls um 17 Uhr, ist dort Berlin zu Licht zu hören, ein Konzert der „London Sinfonietta“.
Über das jüdische Leben in Dessau – und die verhältnismäßig liberalen Einflüsse auf den jungen Weill – informiert die Moses Mendelssohn Gesellschaft, Mittelring 38, 06849 Dessau, Fon (0340) 850 11 99.
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