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Die rot-grüne Bewilligungsliste

Drei Hermes-Bürgschaften für AKW-Lieferungen wurden bewilligt, bei allen anderen heißt es weiter: Nicht entschieden. Siemens profitiert, die NGOs sind enttäuscht

BERLIN ■ taz Die Entscheidungen bei den Hermes-Bürgschaften sei eine „grüne Streichliste“ hieß es am Dienstag aus dem Bundesumweltministerium. Zwar würden für drei Atomkraftwerke Anträge bewilligt, dafür seien aber acht andere gestrichen worden. Da war man aber wohl etwas schnell, denn gestrichen worden ist bis jetzt – gar nichts.

Bei den drei positiv beschiedenen Anträgen bleibt es. Damit werden Lieferungen für das Atomkraftwerk Lianyungang in China grundsätzlich abgesegnet, ebenso jene für das AKW Ignalina in Litauen und für Atucha I in Argentinien. Nach Aussagen des für die Entscheidungen im Interministeriellen Ausschuss federführenden Bundeswirtschaftsministeriums ist aber bei drei weiteren Kraftwerken, Kosloduj in Bulgarien, Angra III in Brasilien und Ling Ao in China noch nicht entschieden worden. Russland und die Ukraine bekommen zur Zeit grundsätzlich keine Bürgschaften. Für die Reaktoren Aktau in Kasachstan und Mohovce in der Slowakei „ruhen die Anträge“. Für das geplante türkische Kraftwerk Akkuyu gebe es keinen Antrag, hieß es. Auch bei den wegen der Umsiedlungen umstrittenen Staudammprojekten Maheshwar in Indien und Ilisu in der Türkei sei nicht entschieden worden.

Die Frage, ob die Bundesregierung den Bau der Ersatzreaktoren für Tschernobyl in der Ukraine, Khmelnitzky 2 und Rowno 4 (K2/R4), befürwortet oder ablehnt, bleibt unbeantwortet. Die Diskussion um K2/R4 birgt politischen Zündstoff: Immerhin hat sich die EU verpflichtet, Ersatz für den Katastrophenreaktor Tschernobyl zu stellen – und der ukrainische Präsident Leonid Kutschma hat angedroht, wenn er seine Ersatzreaktoren nicht bekomme, dann betreibe er Tschernobyl weiter. Was also am Freitag hinter verschlossenen Türen im Interministeriellen Ausschuss (IMA) verhandelt wurde, ist offensichtlich eine rot-grüne Bewilligungsliste. „Nicht entschieden“ kann allerdings auch heißen, dass die noch offenen Anträge tatsächlich einmal abgelehnt werden: „Es zeichnet sich eine Ablehnung ab“, so formulierten es die Fraktionsvorsitzenden der Grünen Rezzo Schlauch und Kerstin Müller gestern in Berlin.

In der Siemens-Zentrale in Erlangen freut man sich – die bewilligten Hermes-Anträge stammen alle von Siemens. Auf die Bewilligung des Antrages für das chinesische Kraftwerk Lianyungang ist Siemens besonders stolz. Immerhin sei es das erste Mal, dass Siemens auf dem chinesischen Markt Fuß gefasst habe, schrieb Siemens, als man 1998 begann, über eine Beteiligung zu verhandeln. Oder, wie Barbara Unmüßig von der Organsiation WEED es sagte: „Mit der Hermes-Bürgschaft hat die Bundesregierung den Steigbügel für das chinesische Geschäft gehalten.“

WEED und die Organisation Urgewald hatten 1997 bundesweit mit einer Kampagne für eine Reform der Hermes-Bürgschaften mobilisiert. Die jetzige Entscheidung, so die Initiatorinnen der Kampagne, die von über 120 Organisationen aus den Bereichen Umwelt und Entwicklung unterstützt wird, sei ein „Geschacher ohne Prinzipien“. Nur durch eindeutig formulierte Umwelt- und Sozialstandards bei den Bürgschaften könne die Bundesregierung vermeiden, dass solche Projekte auftauchen, resümierte Urgewald-Geschäftsführerin Heffa Schücking.

MAIKE RADEMAKER

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