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Kontroverse Reaktionen auf UN-Diamantenbericht

UNO veröffentlicht Untersuchungsbericht zum illegalen Diamantenhandel von Angolas Unita-Rebellen, der schwere Vorwürfe gegen verschiedene Staaten enthält. Beschuldigte Länder weisen Verbindungen zur Unita zurück. Experten werfen der UNO Unterschlagung von Informationen vor

BRÜSSEL/JOHANNESBURG taz ■ Die UNO hat am Mittwoch ihren lang erwarteten Bericht zur Einhaltung der internationalen Sanktionen gegen Angolas Unita-Rebellen veröffentlicht. Der Bericht, dessen Kernaussagen bereits am Wochenende bekannt geworden waren (taz vom 13. 3.), erhebt gegen mehrere Staaten schwere Vorwürfe. Togo, Burkina Faso und Ruanda werden wegen Beihilfe zum verbotenen Handel mit Diamanten aus Unita-Quellen kritisiert. Belgien wird vorgeworfen, den Umschlag solcher Edelsteine über die Diamantenbörse in Antwerpen nicht verhindert zu haben. Die Unita soll mehr als vier Milliarden Dollar durch den Verkauf von Diamanten über Antwerpen eingenommen haben. Damit finanzierte sie ihren andauernden Kampf gegen die Regierung in Angola, der tausende Tote und mehrere Millionen Flüchtlinge produziert hat.

Eine herausragende Rolle im Diamanten- und Waffenschmuggel spielt dem UN-Bericht zufolge auch Südafrika, dessen weiße Minderheitsregierung die Unita jahrelang unterstützt hat. Nicht nur werden in dem Bericht fünf Namen von südafrikanischen Geschäftsleuten genannt, die sich regelmäßig im Unita-Territorium aufgehalten haben. Selbst für hochrangige Unita-Generäle ist es offenbar ein Leichtes, Visa für Südafrika zu erhalten und dort Waffen einzukaufen. Namentlich genannt werden die Brüder Ronnie und Joe de Decker, die der Unita Diamanten in Millionenhöhe abgekauft haben sollen – und dafür im Gegenzug Waffen lieferten, meist aus dem früheren Ostblock.

Die meisten Beschuldigten weisen natürlich alle Vorwürfe zurück. Während Kanada und Großbritannien den Bericht begrüßten und Südafrikas Vizeaußenminister Aziz Pahad versprach, den Sanktionsbrechern das Handwerk zu legen, sagte die Unita, sie nehme „die falschen Spekulationen“ der UNO „mit Ekel und Geringschätzung“ zur Kenntnis. Die Regierungen Togos, Burkina Fasos und Ruandas dementierten, mit der Unita etwas zu tun zu haben. Die verdächtigten südafrikanischen Brüder de Decker bestritten sogar schriftlich, jemals mit Waffen gehandelt zu haben. Von Unita hätten sie nur bis 1997 Diamanten gekauft.

Frankreich, das Togo und Burkina Faso zu seinen Verbündeten zählt, sagte, die UNO müsse noch weiterarbeiten. Belgiens Außenminister Louis Michel sagte auf einer Pressekonferenz in Angolas Hauptstadt Luanda, die UNO habe wichtige Informationen zurückgehalten. So habe sich eine interministerielle belgische Arbeitsgruppe, die Richtlinien für eine strengere Kontrolle des Diamantenmarktes von Antwerpen erarbeitet, seit Januar fünfmal getroffen, während der Bericht behaupte, es habe kein einziges Treffen gegeben. Die belgische Regierung habe am 18. Februar dem UN-Komitee Informationen über beschlagnahmte Diamanten und Ermittlungsverfahren gegen vermutete Schmuggler geliefert, aber dies fände keine Erwähnung.

Experten, die zur Erstellung des UN-Berichts beigetragen haben, äußerten gegenüber der taz Kritik an der Art, wie mit ihrer Arbeit umgegangen wurde. So habe das UN-Komitee Kenntnis davon erhalten, dass Firmen in Sambia der Unita Treibstoff liefern und dass Unita-Guthaben nach Liechtenstein transferiert wurden. Im Bericht werde dies jedoch unterschlagen. Auch würden sambische Beamte, die Unita-Diamanten erhalten haben, nicht erwähnt. Der Name des Präsidenten von Gabun, Omar Bongo, sei aus der Endfassung des Berichts entfernt worden.

Die Experten, die nicht namentlich genannt werden wollen, sagen ferner, sie hätten gegenüber dem UN-Komitee die Namen britischer, französischer und US-amerikanischer Banken genannt, die der Unita beim Bruch der Sanktionen geholfen hätten. Dies sei aber von der UNO nicht aufgenommen worden. Fragwürdig finden sie die Charakterisierung von Burkina Faso als „sicherer Hafen“ für Unitas Diamanten, da es in diesem Land keine Diamantenkontore gäbe.

Der kanadische UN-Botschafter Richard Fowler, der die Untersuchung leitete, wies gestern die Vorwürfe zurück. Er sei nicht überrascht, dass manche Länder versuchten, „den Bericht abzuwerten“, sagte er in New York.

FRANÇOIS MISSER

KORDULA DOERFLER

Hinweis:

Experten sagen, sie hätten der UNO die Namen britischer, französischer und US-amerikanischer Banken genannt, die der Unita beim Sanktionsbrechen halfen. Dies sei nicht aufgenommen worden.

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