: Welcher Ausländer soll’s sein?
Der Bundestag palavert über Green Card, Asyl und Einwanderung. SPD, Grüne, FDP, Union und die Industrie – jede Gruppe setzt auf einen anderen Ausländertypus
BERLIN taz ■ Ein Einwanderungsgesetz wird es in naher Zukunft nicht geben. „Dafür brauchen wir Zeit und möglichst die Einbettung in den europäischen Rahmen“, erklärte Cornelie Sonntag-Wolgast, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium gestern im Bundestag.
Zuvor hatte die Union die Regierung aufgefordert, das deutsche Asylrecht dem europäischen anzugleichen. SPD und Grüne lehnten die Debatte darüber ab. Das Grundrecht auf Asyl stehe nicht auf der Tagesordnung und lasse sich nicht durch ein Einwanderungsgesetz ersetzen, sagte Ludwig Siegler, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender.
Eine Einwanderung lasse sich nicht mit der Green Card steuern konterte der stellvertretende FDP-Vositzende Rainer Brüderle. „Wir brauchen einen Mechanismus, der generell die Frage regelt, wie wir die Menschen, die wir aus wirtschaftlicher Perspektive heraus in Deutschland benötigen, herein lassen können“, sagte er in einem Interview.
Mit der Green Card soll lediglich temporär ein Fachkräftemangel behoben werden, mehr nicht, antwortete das Bildungsministerium. Die Behörde von Edelgard Bulmahn (SPD) lehnt es auch ab, die Einreise für Fachkräfte aus anderen als der Informationsbranche zu erleichtern. Dies hatte gestern Hans Peter Stihl, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT) gefordert.
Stihl verlangt die Green Card auch für Ingenieure. Nach den Erkenntnissen der Bundesanstalt für Arbeit herrsche in der Branche aber keine Personalnot, sagte eine Sprecherin des Bildungsministeriums. Beim DIHT gibt man zu, den Personalbedarf nicht quantifizieren zu können. Dass aber Nachfrage nach ausländischen Fachkräften bestehe, sehe man an der Bauindustrie.
Stihl meint ferner, ein Einwanderungsgesetz sei „lange fällig“ und im Vergleich zur Green Card die „bessere Lösung“. Zur Ausgestaltung desselben mochte sich der DIHT-Chef nicht äußern.
In der kommenden Woche werden sich die Ressorts über die Motalitäten der Green Card verständigen. Dabei soll auch eine Regelung zum Familiennachzug getroffen werden. Ein Sprecher der Ausländerbeauftragten des Bundes, Marieluise Beck (Grüne), sagte, einem Nachzug stehe schon heute nichts im Wege. Allerdings müsse die Prüfung der Familienvisa künftig beschleunigt werden.
Eckhardt Barthel, SPD-Ausländerexperte, glaubt, dass der Familiennachzug trotzdem „problematisch“ bleibt. Aber auch er plädiert für die Green Card. „Nach drei, vier Monaten können wir ja nachbessern.“
ANNETTE ROGALLA
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen