veranstaltungstipp: Die Kunst derInterkultur
Unter dem Motto Heimat Kunst fragt ein leicht gigantomanisches bundesweites Projekt nach dem Zustand der deutschen Kunst in den Zeiten der Migration. Federführend ist dabei das Berliner Haus der Kulturen der Welt, neun weitere Städte und Veranstalter haben sich angeschlossen. Von April bis mindestens Juli, zum Teil bis Ende des Jahres finden in Berlin, Bielefeld, Bonn, Düsseldorf, Frankfurt, Hagen, Köln, Mannheim, München und Stuttgart die verschiedensten Veranstaltungen mit Künstlerinnen und Künstlern statt, die mindestens eine Wurzel außerhalb Deutschlands haben.
Dass die deutsche Kulturszene nicht nur von Menschen besetzt ist, deren Urgroßeltern auch schon hier lebten, ist klar. Weniger klar ist, welcher Stellenwert dem kulturellen Input aus anderen Ländern beigemessen wird – und vor allem wie Künstler, die in Deutschland leben, aber nicht hier geboren sind, das Verhältnis zwischen ihrer Kunst und ihrer Identität sehen. Daher wird es in dem Programm, das weit über 100 Einzelveranstaltungen umfasst, neben einer Vielzahl von Konzerten, Theateraufführungen, Performances, Lesungen und Filmvorführungen, auch ein umfangreiches Diskussionsprogramm mit Künstlern, Wissenschaftlern und Journalisten geben.
Was ist überhaupt kulturelle Identität? Darüber besteht bei den Künstlern durchaus keine einheitliche Meinung. Während z. B. die Berliner Rapperin Aziza A. oder der Kieler Autor Feridun Zaimoglu sich explizit als die neuen Deutschen sehen – „Ob es euch nun passt oder nicht“ – sehen andere ihre Heimat schlicht in ihrer Familie oder im Kino.
„Kulturelle Identität ist ein dynamischer Prozess der Neubestimmung von Kunst und Gesellschaft, ein experimentalles Feld in Bewegung“, verlautbart Johannes Odenthal, der Leiter des Projekts. „Heimat Kunst“ soll „diesen Prozess vorantreiben und Bausteine für die Zukunft bilden“. Ob diesem hehren Anspruch Genüge getan wird, von Bonn bis Berlin und von Mannheim bis München, sei dahingstellt. Auf jeden Fall wartet eine Unmenge von Events auf interkulturell aufgeschlossene Deutsche, gleich welcher Provenienz. Speziell für City-Hopper gibt es im Internet eine eigene Website, auf der alle Veranstaltungen deutschlandweit eingetragen sind. Wer also über Fortbewegungsmittel mit der nötigen Geschwindigkeit verfügt, kann das Eröffnungsprogramm am 30. März mit der multinationalen Schäl Sick Brass Band im Düsseldorfer tanzhaus nrw erleben, am 1. April in Bonn dem Collegium Musicum lauschen, wie es Stücke des Bonner Komponisten David Graham interpretiert und zum Schluss in der Müncher Muffathalle dem Electronic-Musiker Bülent Kullukcu dabei zusehen und –hören, wie er Schnitzel auf den Plattenteller legt. Martin Hager
Das Gesamtprogramm ist ab Ende März im Internet unter www.hkw.de nachzulesen, die Veranstaltungen in den einzelnen Städten lassen sich bei den jeweiligen Kulturämtern bzw. in Berlin beim Haus der Kulturen der Welt, in Düsseldorf beim Tanzhaus nrw, in Frankfurt bei der brotfabrik und in München beim Goethe-Forum erfragen.
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