: „Sonne ist die Zukunft“
Trotz seines Bekenntnisses zur sauberen Energie treibt der Ölkonzern BP riskante Bohrungen voran – bald auch bei Alaska. Interview mit Peter Knoedel, Vorstand der Deutschen BP
taz: Sie streben eine saubere Umweltbilanz an. Warum beharren Sie da auf so umstrittenen Ölfördervorhaben wie dem Northstar-Projekt in der Arktis?
Peter Knoedel: Weil wir sicher sind, dass wir das sicher machen können. Dieser Meinung sind übrigens auch die lokalen Behörden. Und die dort lebenden Menschen glauben, dass das ein für sie wirtschaftlich wichtiges Projekt ist.
Greenpeace und andere Umweltverbände halten Ihnen vor, dass es sehr riskant sei, im arktischen Meer Erdöl zu fördern. Die extremen Temperaturen würden die Pipelines gefährden.
Ein Unfall ist natürlich nie auszuschließen. Aber wir arbeiten so sicher wie irgend möglich.
Einer ihrer Partner hat bei einem Ihrer Förderprojekte illegal Abfälle im Bohrloch entsorgt. Deshalb verurteilte Sie ein US-Bundesgericht im vergangenen Februar, für 15 Millionen Dollar ein Umweltmanagement-System einzuführen. Gegen BP wurden außerdem 6,5 Millionen Dollar Zivilstrafe verhängt.
Das ist eine unangenehme Geschichte, die aber nur dazu geführt hat, dass wir uns noch intensiver um diese Probleme kümmern. Und man muss ja festhalten, dass uns nicht verboten wurde, weiter zu fördern.
Eine Schwachstelle sind auch die Rohöltransporte übers Meer. Nutzt BP nun endlich doppelwandige Tanker, wodurch das Risiko einer Ölpest verringert würde?
Das kann man nicht schwarzweiß sehen. Nicht jedes doppelwandige Schiff ist sicherer als eines mit nur einer Wand. Entscheidend ist, dass man ein ausgefeiltes Sicherheitsmanagement hat. Wir achten darauf, dass die Schiffe unsere Sicherheitsanforderungen erfüllen in Bezug auf Ausstattung und Fahrweise. Es gibt im Übrigen noch nicht genug doppelwandige Schiffe – aber wir kaufen seit längerem auch nur noch solche Schiffe.
Wann wird BP den letzten Tropfen Öl aus der Erde holen?
Ich glaube nicht, dass jemals ein letzter Tropfen gefördert wird. Wenn es aber doch so sein sollte, haben wir den Ehrgeiz, es selbst zu tun.
BP produziert Solarzellen und rühmt sich seines Engagements für saubere Energiequellen. Wann verdienen Sie mit Solarenergie mehr Geld als mit Ölproduktion?
Das kann schon bald sein. Das 19. Jahrhundert war das Jahrhundert der Kohle, das 20. das des Öls, und zumindest die erste Hälfte des 21. Jahrhunderts sehen wir als Zeitalter des Erdgases. Und dann werden die erneuerbaren Energien kommen.
Die Zukunft von BP liegt bei Sonne und Wasserstoff. Wir leiten gerade einen Paradigmenwechsel ein: von den heute gebräuchlichen kristallinen Solarzellen hin zur Dünnschicht-Technologie auf der Basis von amorphem Silizium. Dabei bringen Sie zum Beispiel auf Glas eine folienartige Schicht auf, was die Kosten pro Fläche um mehr als ein Drittel reduziert. Diese Technologie erzeugen wir schon heute als einzige Firma industriell.
Warum erschließt BP aggressiv dann immer neue Ölvorkommen auch in riskanten Regionen wie dem Polarmeer, wenn die Zeichen auf Sonne stehen?
Weil Öl ein wesentlicher Energieträger bleibt, auch wenn sich die Gewichte verschieben.
Der weltweite BP-Konzern bewegt mehr Geld als die meisten Staaten dieser Erde. Bekennen Sie sich dazu, dass Sie mächtiger sind als manche Regierung?
Der Umsatz unserer Firma ist in der Tat höher als das jeweilige Sozialprodukt von mehr als 100 Ländern. BP ist ein global agierendes Unternehmen – und auch global organisiert. Das macht vielen Menschen Angst – zumindest wenn ein solcher Konzern ihnen undurchsichtig erscheint und sie nicht wissen, was er eigentlich will. Deshalb haben wir erkannt, dass der Profit und der Shareholder-Value allein als Erfolgskriterien nicht ausreichen.
Seit wann haben Wirtschaftsunternehmen andere Aufgaben, als Geld zu verdienen?
Gewinn zu erzielen, ist oberstes Ziel. Dabei können wir aber auf Dauer nicht erfolgreich sein, wenn wir uns der Welt verweigern. Das mag vor 20 Jahren noch anders gewesen sein: Damals gab es im Wesentlichen zwei relevante Gruppen: Regierungen und Wirtschaft. Die Wirtschaft konnte sich immer darauf zurückziehen, zu sagen: „Die Regierung hat das erlaubt.“ Heute dagegen wollen zum Beispiel Umweltverbände mitgestalten. Wir müssen deshalb Spielregeln abstecken, anhand derer die Öffentlichkeit überprüfen kann, wie BP sich verhält.
Welche Regeln erlegen Sie sich auf?
Wir verpflichten uns, die Menschenrechte einzuhalten, Kinderarbeit zu vermeiden und uns nicht der Korruption zu bedienen. Außerdem wollen wir im Umweltschutz eine führende Rolle wahrnehmen.
BP – ein Ölkonzern, der nicht schmiert?
Schon Mitte der 90er-Jahre haben wir in Zentraleuropa manche Chance verpasst, weil andere Unternehmen da flexibler waren.
Wer hat für welches Projekt an wen gezahlt?
Es ging zum Beispiel um Umbauaufträge für Tankstellen. Andere hatten da ein agressiveres Relationship-Management. Ich habe selbst erlebt, was es bedeutet, wenn man sich strenge Fesseln anlegt.
BP sagt in seinen Broschüren, dass man „führend“ sein will auf der Welt. Erkennen Sie das Primat der Politik nicht an?
Aber selbstverständlich tun wir das. Das schließt jedoch nicht aus, dass wir Anregungen geben. Mit der deutschen Politik diskutieren wir zur Zeit darüber, wie man Klimapolitik macht. Da geht es um Steuern und den Handel mit Emissionsrechten. Ich biete unseren Rat an.
Wenn die Politik anders entscheidet – akzeptieren Sie das?
Natürlich.
Ist das der Unterschied zwischen Lobbyarbeit und Erpressung?
Wir müssen versuchen, die Politik zu beeinflussen, dominieren wollen wir sie aber nicht. Entstünde dieser Eindruck, würde das in der Öffentlichkeit nicht gut ankommen.
Wenn es so ist, war es nicht immer so. Noch im Jahr 1997 hat BP sich in Kolumbien über die Politik gestellt.
Es gab damals unangenehme Ereignisse, aber ich würde sie anders interpretieren als Sie.
Ihr Konzern hat damals seinen Sicherheitschef in Kolumbien entlassen, nachdem ihm Zeitungen vorgeworfen hatten, er habe zum Schutz von Ölpipelines illegale paramilitärische Truppen finanziert.
Möglicherweise hat dieser Mitarbeiter etwas getan, was mit den Grundsätzen des Unternehmens auch damals schon nicht vereinbar war. Wenn Sie 100.000 Menschen auf der ganzen Welt beschäftigen, können Sie Unfälle und Fehlverhalten nicht verhindern. Wichtig ist, wie wir damit umgehen. Unsaubere Lösungen gehen nicht. Heute stellen die Vereinten Nationen die Art und Weise, wie wird aus dem Fehler gelernt haben, als mustergültig dar. Interview: HANNES KOCH,MATTHIAS URBACH
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