: Erst mal tief Luft holen
Wer in Untersuchungshaft genommen wird, ist keineswegs ganz rechtlos. Als erstes gilt: Kontakt nach außen herstellen ■ Von Elke Spanner
Seinem Spitznamen „Fertig MC“ wurde der Hamburger Rapper Ferris MC diesmal ganz ohne sein Zutun gerecht. Mit fünf anderen Jungs in einer Zelle eingesperrt zu sein, keine Ahnung, wie lange noch und warum, war für ihn eine harte Bewährungsprobe. Nachdem sein Wunsch, Kontakt nach außen aufzunehmen, von der Anstalt ignoriert wurde, war es letztendlich seiner Überredungskunst zu verdanken, dass nach einer Woche Untersuchungshaft eine Sozialarbeiterin Kontakt zu seinem Manager aufnahm, der ihn per Anwalt umgehend befreite. Nun hat Ferris MC eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Haftrichter eingereicht, der ihn im Dezember tagelang hinter Mauern schmoren ließ.
Das hätte er schon früher machen können – hätte er eine Ahnung gehabt, wie. Denn im Gefängnis sind die Rechte zwar erheblich eingeschränkt, ganz rechtlos sind Inhaftierte aber nicht. Einen kleinen Wegweiser für Untersuchungs- und Strafhaft hat die GAL-Bürgerschaftsfraktion zusammengestellt.
Eigentlich ist sofort nach der Verhaftung eine Person des Vertrauens zu benachrichtigen, damit diese umgehend einen Rechtsanwalt alarmieren kann. Der kann sich zunächst die Gründe nennen lassen. Denn nicht jeder, der einer Straftat verdächtigt wird, darf deshalb von der Polizei in der U-Haft abgeliefert werden. Nur wenn die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich unerkannt absetzt oder weitere Taten begeht, liegt ein Haftgrund vor. Bei Ferris MC, der gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben sollte, war zwar von beidem nicht auszugehen. Er hatte sich aber an seinem früheren Bremer Wohnort zwar schon ab-, i n Hamburg aber noch nicht wieder angemeldet – weswegen spitzfindige Ermittler die Gefahr witterten, der stadtbekannte Rapper könne sich auf der Flucht befinden.
Hätte er einen Rechtsanwalt informieren können, hätte er mit diesem im Knast auch unüberwacht und in Ruhe die Lage besprechen können. Wer sich lieber auf sich selbst verlässt, kann sich von den Justizbediensteten mit den erforderlichen Gesetzbüchern versorgen lassen. Zuständig für die Hausordnung in der Untersuchungshaftanstalt ist die Anstaltsleitung. Sie regelt, was es zum Frühstück gibt, um welche Zeit die Gefangenen auf dem Hof ihre Runden drehen können oder wann abends das Licht ausgeht. Belastende Maßnahmen wie etwa die Beobachtung der Gefangenen bei Nacht oder der Entzug der eigenen Kleidung muss sich die Anstalt vom Gericht genehmigen lassen. Das ordnet sie an – und ist folglich auch Adressatin für Beschwerden darüber.
Gibt es Ärger, halten die AutorInnen der GAL-Broschüren den wohl wichtigsten Tipp parat: „Holen Sie erst einmal tief Luft und achten Sie dann auf eine sorgfältige Wortwahl“. Denn „beleidigende Schreiben jeder Art können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen“. Deshalb warnt die Broschüre auch davor, statt einer Dienstaufsichtsbeschwerde gleich Strafanzeige etwa gegen VollzugsbeamtInnen zu erstatten: „Unter Umständen muss mit einer Gegenanzeige oder einem Verfahren wegen falscher Anschuldigung gerechnet werden.“
Die Broschüren gibt es kostenlos bei der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Rathausmarkt 1, 20095 Hamburg, Tel.42831-1397.
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