piwik no script img

Filmstarts à la carteNuschelnde Mafiosi

Mit der Kehrseite des ameikanischen Traumes kann man sich ausführlich am kommenden Wochenende beschäftigen, wenn das Regenbogenkino von Freitag bis Montag alle drei Teile von Francis Ford Coppolas Mafiaepos „Der Pate“ zeigt. Familiendrama, Gangsterfilm und Kapitalismusanalyse in einem, markierte „Der Pate I“ 1972 vor allem das spektakuläre Comeback des Marlon Brando nach einer Reihe von eher mißglückten Filmen in den sechziger Jahren. Mit hängenden, ausgestopften Wangen und Latex-Fältchen um die Augen war seine Maske als alternder Mafia-Patriarch Don Vito Corleone so überzeugend, dass ihn die Chefs der Paramount beim Ansehen der Probeaufnahmen angeblich nicht einmal erkannten. Leise nuschelnd, beinahe sanft hält sein Don Vito das kriminelle Familienimperium dennoch mit eiserner Hand zusammen und verlangt unbedingte Treue und Gehorsam. „Der Pate II“ stellt Don Vitos Sohn Michael (Al Pacino) als grüblerischen Mafia-Hamlet in den Mittelpunkt und erzählt, wie das längst zum Big Business avancierte Familienunternehmen mit äußeren und inneren Bedrohungen zu kämpfen hat: mit Mafia-Ausschüssen des US- Senats ebenso wie mit Castros Revolution, die die Geschäftspartner in Kuba hinwegfegt, mit mißgünstigen, verräterischen Verwandten sowie den Frauen des Clans, die sich selbstbewusst aus alten patriarchalischen Strukturen befreien. Die Bilder vom drohenden Verfall des Imperiums kontrastiert Coppola dabei mit - alten brauntönigen Fotografien nachempfundenen - Rückblenden, die den Aufstieg des jungen Don Vito (jetzt gespielt von Robert de Niro) vom Einwandererkind zur lokalen Gangstergröße in Little Italy nachvollziehen. Freilich lässt Coppola keinen Zweifel daran, dass Michaels Erinnerungen an alte Traditionen und äWerteô durchweg heuchlerisch und verlogen sind: Don Vito nutzt den Lärm eines Feuerwerks bei einer kirchlichen Prozession zur Ausübung seines ersten Mordes. „Der Pate III“ bringt die Mafia in konkreten Zusammenhang mit der Kirche: Don Michael hat sich nunmehr von allen anrüchigen Geschäftszweigen getrennt und möchte in die Finanz- und Immobiliengeschäfte des Vatikans investieren. Doch im Staate des Heiligen Vaters geht es noch schlimmer zu als in seiner eigenen äFamilieô. Distanziert betrachtet Gordon Willis‘ Kamera kleine Gruppen von mauschelnden Männern: finstere Figuren im Gegenlicht, die dunklen Geschäften nachgehen - aber auch nur noch ein Schatten ihrer selbst sind. Zum Schluss dann noch einmal große Oper: Auf der Bühne erzählt Pietro Mascagnis „Cavalleria Rusticana“ passenderweise von Mord und Totschlag auf Sizilien - hinter den „Kulissen“ finden derweil die Mafiosi ihr pathetisches Ende.

„Der Pate I“ 26.5.-27.5.; „Der Pate II“ 26.5., 28.5.; „Der Pate III“ 27.5., 29.5. im Regenbogenkino

Ein wunderbarer Film, der seine Entstehung nur einem Zufall verdankt: Ursprünglich wollte Regisseur Leon Gast ein dem 1974 in Kinshasa, Zaire stattfindenden Weltmeisterschafts-Boxkampf Muhammad Ali gegen George Foreman vorausgehendes Musikfestival filmen. Doch dann verletzte sich Weltmeister Foreman beim Training, und Gast hatte sechs Wochen Zeit, um die beiden Boxer bei der Vorbereitung auf den großen Kampf zu beobachten. Star der Show ist in „When We Were Kings“ natürlich der geniale Selbstdarsteller Muhammad Ali, hinter dessen großer Klappe sich scharfer Witz und wache Intelligenz verbargen, und dessen Erfolge die schwarzen Amerikaner stolz auf ihre Herkunft machten. Gegen den wortgewaltigen Ali hatte der grummelnde Foreman schon im Vorfeld des Kampfes keine Chance - schließlich ging er dann ja tatsächlich k.o. Wie es auch zur sportlichen Niederlage des Dampfhammerboxers Foreman kam, kommentiert Norman Mailer auch zwanzig Jahre später noch so kenntnisreich und mitreißend, dass man geradezu mitfiebern muss.

When We Were Kings“ (OmU) 28.5.-29.5., 31.5. im Blow Up 1

Lars Penning

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen