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Bis 2002 keine Studien-Gebühren

■ Streit um den Sinn von Gebühren für „Langzeit-Studierende“ / SPD-Wissenschaftsminister Oppermann sieht Vorteile für alle, Bremer Jusos geißeln den „Wortbruch“ ihrer Partei

„Ich bin mit dem Beschluss zufrieden“, sagt Bremens Wissenschaftssenator Willi Lemke zur Entscheidung der Kultsministerkonferenz (KMK) über Studiengebühren. Vor allem, weil der Beschluss die Gebührenfreiheit des Erststudiums in der Regelstudienzeit plus einiger Zusatzsemester „eindeutig festlegt“. Aber auch für die Bremer Langzeit-StudentInnen gibt es erst einmal Entwarnung: „In Bremen wird es eine Gebühr für Langzeitstudenten in dieser Legislaturperiode nicht geben“, erklärte Lemke.

Dann aber wohl doch: Wenn die Bundesländer, die Studiengebühren gefordert haben, diese einführen, würden die anderen, die nicht mitziehen, die Langzeitstudierenden geradezu anlocken. Bisher war das Argument des Bremer Finanzsenators immer zwingend, dass ein Sanierungsland sich nicht etwas leisten könne, was „Geber-Länder“ sich nicht leisten.

Niedersachsens Wissenschaftsminister Thomas Oppermann (SPD) sieht die Studiengebühren-Entscheidung als seinen Erfolg. Während Bremens Willi Lemke eher für das Modell „Studienkonto“ eingetreten war, hatte Oppermann die „Gebühren für Langzeit-Studierende“ vertreten. Vier kostenfreie Überziehungs-Semester soll es nach der Regelstudienzeit geben, dazu ein „kostenfreies“ Semester für Alleinerziehende.

Hermann Kuhn, Wissenschaftspolitiker der grünen Oppotision in der Bremer Bürgerschaft, kritisierte den KMK-Kompromiss: „Die vergleichsweise längeren Studienzeiten in Deutschland haben ihren Grund nicht in vergleichsweise größerer Faulheit der Studierenden, sondern in ihren Lebensbedingungen, in der Ausstattung und in der Organisation des Studiums“, meinte er. Lemke solle sich lieber um die „Beschleunigung der Studienreform“ kümmern, nicht um Modelle, die Druck auf die Studierenden ausüben. Die paar Bummelstudenten würden in Wahrheit niemanden stören.

Auch der Rektor der Bremer Uni, Jürgen Timm, hält wenig von Strafgebüren für Langzeit-Studenten. Das sei eine Entscheidung der Politiker, meinte er, die Interessen der Universität berühre das nicht. Froh ist er, dass für das normale Studium keine Gebühren erhoben würden. Dies ist auch die Position der Rektorenkonferenz.

Kuhn setzt sich dafür ein, dass es – wie im Bremer Hochschulgesetz festgelegt – auch in Zukunft keine Studiengebühren für Langzeit-StudentInnen gibt. Bremens Juso-Vorsitzender Thomas Emke formuliert das etwas drastischer: „Es ist eine Riesensauerei, dass die SPD im Bundestagswahlkampf mit dem Versprechen eines Verbotes von Studiengebühren sich bei den Studis um Stimmen bemüht und sie dann hinterher einfach fallen lässt.“ Vor nicht einmal einem Jahr habe auch die Bremer SPD in ihrem Wahlprogramm den Verzicht auf Studiengebühren versprochen.

Der Beschluss der Kultusministerkonferenz eröffnet auch die Möglichkeit, so genannte Studienkonten einzuführen. Hamburgs Wissenschaftssenatorin Krista Saager (Grüne) hatte wie Lemke das „Studienkontenmodell“ befürwortet. Sie will nun „mittelfristig“ noch nichts ändern, in zwei Jahren aber könnte es Langzeit-Studierenden ans Portemonnaie gehen. Wie genau die Praxis eines Studienkontenmodells aussehen könnte, ist unklar. „Da muss man auch über Aufwand und Nutzen reden“, findet Saager. Insbesondere beim Wechsel des Studienortes könnte, wenn nur einzelne Länder dieses Modell praktizieren, ein erheblicher Verwaltungsaufwand entstehen.

Den Beschluss der KMK bewertete Niedersachsens Wissenschaftsminister Oppermann vor allem als Signal für kürzere Studienzeiten: „Wenn Sie das Studium im Durchschnitt um ein Jahr verkürzen können mit moderaten Studiengebühren, dann sparen Sie mehr Lebenshaltungskosten, als Sie für Studiengebühren aufwenden müssten. Hinzu käme, dass die jungen Leute auch noch früher Geld verdienen. Diese Rechnung geht in jedem Fall auf.“ K.W.

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