piwik no script img

vorlaufBaisse in der Schlangengrube

„Tatort – Von Bullen und Bären“

(So., 20.15 Uhr, ARD)

Das nächtliche Brandenburger Tor, der Fernsehturm, der Gendarmenmarkt im Morgengrauen und die Friedrichstraße zur Rushhour – der Berliner „Tatort“ setzt ins Licht, was sich für einen Berliner „Tatort“ gehört.

Es ist ein Wirtschaftskrimi, in dem die beiden Kommissare mit den sprechenden Namen, Ritter (Dominic Raacke) und Hellmann (Stefan Jürgens), hier ermitteln – und bisweilen auch eine ganz unterhaltsame Nachhilfestunde in Sachen Börse.

Dank der optimistischen Prognosen des Analysten Gerlach, der auf einem N24-artigen Sender seine Botschaften verbreitet, startet die Maram AG höchst erfolgreich am Neuen Markt. Doch Michaela Rambeck, die Chefin des Unternehmens, hat Dreck am Stecken: Ein Taxifahrer, der einen Koffer mit Bilanzzahlen überbringen sollte, wird ermordet – und der Koffer ist verschwunden.

Schnell ist klar, dass es mit den Aktien der Firma trotz des Booms nicht zum Besten bestellt ist – was vor allem Hellmann verdrießt, der als Kleinaktionär voll auf die Maram AG gesetzt hat. Kollege Ritter will mit dem „Quatsch“ nichts zu tun haben und spricht, als ihm das mit den „Bullen“ (Optimisten) und „Bären“ (Pessimisten) erläutert wird, den überraschend erfrischenden Satz: „Es ist alles richtig, und trotzdem stimmt irgendwie nix.“

Berlin ist als hoffnungsvolle Boomtown in Szene gesetzt, deren Boom ausgeblieben ist. Ganze Stockwerke stehen leer – Topfpflanzen im Fenster und Lampen mit Zeitschaltuhr sollen darüber hinwegtäuschen, dass die Büros nicht vermietet sind. Immobilienverspekulationen sind denn auch das dunkle Geheimnis der Maram AG, die vom halbseidenen Gerlach angeheizte Hausse ihrer Aktien dient lediglich dazu, Liquiditätsprobleme zu kaschieren.

Obgleich Kommissar Kleinaktionär schnell begreift, wie’s um das Unternehmen bestellt ist, stösst er seine Anteile nicht ab und jammert nach dem Crash über seine Verluste. „Bist du jetzt Bär?“, fragt Ritter. „Nein, ich bin Bulle“, sagt Hellmann.

ARNO FRANK

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen