piwik no script img

vorlaufJeder Tritt ein Brit

„Tore ohne Terror“

(22.45 Uhr, ZDF)

„Ich wünschte, es wäre Nacht und die Preußen kämen!“ Vor 185 Jahren erflehte der britische Feldmarschall Herzog von Wellington die baldige Hilfe der Deutschen. Sie kamen, warfen sich in die Schlacht und besiegten bei Waterloo Napoleon.

Jedes Jahr stellt die Gemeinde in der belgischen Provinz Wallonisch-Brabant die blutigen Szenen von einst nach. In diesem Jahr geht das nicht, weil alle Sicherheitskräfte im nahe gelegenen Charleroi beschäftigt sein werden. Die Deutschen kommen wieder und spielen am 17. Juni gegen die Engländer. Auf neuzeitliche Schlachten wird keiner verzichten müssen. Hooligan-Initiativen haben die Fußball-Europameisterschaft umdefiniert in eine „Euro-Schlacht 2000“. Die Auseinandersetzungen zwischen den so genannten Fans der C-Gruppe, also den besonders gewaltbereiten, soll von einem beispiellosen Sicherheitssystem verhindert werden. Regisseur Jochen Bouhs sucht in der Dokumentation „Tore ohne Terror“ nach den Schlupflöchern im Kontrollnetz und hegt Zweifel an der Verkündigung von Offiziellen, die Euro 2000 werde einzig zum Fest kontinentaler Kickerkünste. Kuttenfans in bunten Trikots ihrer Stars werden jubeln, feiern, johlen. Die anderen, die eine auffällige Fankluft meiden wie der Teufel das Weihwasser und lieber sportliches Freizeit-Design tragen, werden darauf lauern, ihrer Leidenschaft nachzugehen und den Gegner zu verprügeln. Was ist nicht alles aufgeboten, dies zu verhindern: Grenzpatrouillen, namensgebundene Eintrittskarten, Fanbegleiter, Einreiseverbot für Hools. Allesamt Maßnahmen, die den Kitzel für die Schläger erhöhen. Sollten sie sich schließlich bis Charleroi durchgeschlagen, vielleicht auf dem Schwarzmarkt ein Sponsorenticket ohne Namen ergattert haben, dann kann das dortige Stadion immerhin eine einzigartige Infrastruktur bieten. Ein Krankenhaus grenzt an, ebenso eine Polizeikaserne. Dort hat man die Garagen zu Arrestzellen umgebaut. In vier Tagen geht’s los. MARKUS VÖLKER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen