: Kritik an US-Raketenplänen
Bei ihrem Treffen einigen sich die Chefs der Shanghai-Fünf auf gemeinsamen Kampf gegen Terror. Putin erhält grünes Licht für mehr Militärpräsenz in Tadschikistan
MOSKAU taz ■ Zu einem Forum von beträchtlichem internationalen Gewicht wuchs sich gestern das routinemäßige Treffen der Staatsoberhäupter der sogenannten Shanghai-Fünf in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe aus. Mitglieder sind Russland, China, Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan.
Auf dem Programm standen Fragen des nachbarschaftlichen Miteinanders in Mittelasien. Die Region mit ihrem Erdölreichtum, mit einigen der wichtigsten internationalen Pfade für Rauschgifthandel und zunehmenden innerislamischen Konflikten verspricht den Schauplatz für große internationale Konflikte abzugeben. So überraschte nicht, dass die Regierungschefs in ihrer Abschlusserklärung weiter gingen und zur gesamten Weltordnung Stellung nahmen.
Sie verurteilten die Ausweitung von Raketenabwehr-Systemen in ihrer Region, forderten eine multipolare Weltordnung und wandten sich gegen die Einmischung ausländischer Staaten oder internationaler Organisationen bei Bürgerkriegen ohne UNO-Mandat. Russlands Präsident Putin erhielt außerdem tadschikische Zustimmung für seinen Plan, die russische Militärpräsenz im Lande zu verstärken.
Putin betonte, dass er die Shanghai-Fünf als wesentlichen Stabilitätsfaktor in der Region betrachtet. Auf die Zuverlässigkeit der tadschikischen Gastgeber verließ er sich aber nicht. An die hundert Mitarbeiter des föderalen Sicherheitsdienstes FSB (ehemals KGB) und anderer russischer Geheimdienste sicherten seinen Anfahrtsweg vom Flughafen bis zum Tagungsort und das Verhandlungsgebäude. Tadschikistan bekam damit einen Vorgeschmack auf die Zukunft, denn die gemeinsame Bekämpfung des Terrorismus stand im Zentrum der dortigen Gespräche.
Das Treffen schloss mit seiner Hauptthematik an die letzte GUS-Tagung an. Dort fiel der Entschluss, in Tadschikistan ein Elite-Kontingent von Anti-Terror-Einheiten der russischen Geheimdienste zu stationieren. Unter dem Feigenblatt der Bekämpfung des Terrorismus werden auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR Truppenstationierungen aller Art geplant. Gestern gab Putin zu verstehen, dass ihm der geplante Trupp von hoch spezialisierten Anti-Diversanten auf dem Gebiet der Gastgeber nicht genügt. Er möchte weiter seine 201. motorisierte Infanteriedivision in Tadschikistan behalten. Sie umfasst 7.500 Mann.
Gestern trafen sich Putin und Chinas Staatsoberhaupt Jiang Zemin zu einem kleinen russisch-chinesischen Gipfel. Außer den gemeinsamen Abkommen unterzeichneten China und Tadschikistan auch einige bilaterale Dokumente. Unter anderem einen Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit im 21. Jahrhundert. Außerdem wurde über den gemeinsamen Bau einer Zufahrt zur Karakorum-Chaussee gesprochen, die China und Pakistan verbindet. Auch erarbeiteten die Delegationen beider Staaten eine Position zu Afghanistan. Darin heißt es: „Das afghanische Volk soll seinen Frieden nur auf dem Verhandlungswege erlangen und frei von jeglicher äußerer Einmischung“. Dies ist ein Wermutstropfen für die Russen. Hatte doch Regierungssprecher Jastrzembski Moskaus Bereitschaft zu Präventivschlägen gegen Ausbildungslager für islamistische Partisanen in Afghanistan angedeutet.
BARBARA KERNECK
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