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Verschleiert am Postschalter

Nach der Bahn nimmt auch die dänische Post „Dienstschleier“ ins Uniformprogramm auf. In die aktuelle „Schleierdebatte“ einmischen wollen sich beide Betriebe aber nicht

KOPENHAGEN taz ■ Bei Dänemarks beiden größten Dienstleistungsunternehmen, der Bahn und der Post, wird es für muslimische Frauen bald keine Probleme mehr mit der Kleiderordnung geben. Die Post hat nun nachgeholt, was vor einigen Monaten die Bahn beschlossen hatte: Ein spezieller „Dienstschleier“ wird Teil der normalen Uniformausstattung werden. Versehen mit Namen und Logo des Unternehmens können ihn dann alle Frauen gebrauchen, die aus religiösen Gründen einen Schleier tragen wollen. Und möglicherweise auch alle anderen Bediensteten, die ihn schick finden.

Diese Erweiterung des Uniformsangebots der Post sei keine Folge der „aktuellen Schleierdebatte“ betont Post-Pressesprecher Arne Kjerulf: „Der fehlende Schleier soll für niemand ein Hindernis sein, eine Anstellung bei der Post zu suchen. Wir erneuern unser Uniformangebot ja sowieso regelmäßig. Stellung zu der derzeitigen Kontroverse um das Schleiertragen wollen wir damit aber nicht nehmen.“ Auch die Bahn will sich mit ihrem Dienstschleier fürs Zugpersonal laut Informationschefin Anna Vinding nicht in die „Kontroverse“ einmischen: „Die Gesellschaft hat sich eben verändert und damit auch wir uns.“

Die „Kontroverse“ startete im vergangenen Jahr mit der Weigerung einiger Supermarktketten, verschleierte Frauen als Angestellte im Kassendienst einzustellen. Sie wurden nur im Warenlager akzeptiert oder auf Arbeitsplätzen ohne Kundenkontakt. Angebliche Wünsche der KundInnen und „hygienische Gründe“ mussten für diese Entscheidung als Begründung herhalten. Selbst eine offizielle Empfehlung des Arbeitsministeriums für den Schleier vermochte Supermarktketten wie Fakta, Brugsen und Obs nicht zu einer Änderung ihrer Praxis zu veranlassen. Aldi dagegen akzeptiert verschleierte Frauen mittlerweile auch an den Kassen.

Wieweit das „Schleierverbot“ vieler Unternehmer rechtlich zulässig ist, wird im Übrigen vermutlich im kommenden Monat entschieden. Die 17-jährige Muslimin Amin Baktyar, der ein Praktikumsplatz wegen ihrer Kopfbedeckung von der Ladenkette „Magasin“ verweigert worden war, hat mit juristischer Hilfe einer Antidiskriminierungsorganisation unter Verweis auf das Diskriminierungsverbot von Verfassung und Europäischer Menschenrechtskonvention sowie unter Bezug auf die ILO-Konvention „Magasin“ auf Schadensersatz verklagt. Das Landgericht Kopenhagen will am 25. August sein Urteil verkünden.

REINHARD WOLFF

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