: Kein Heß-Gedenken
Gedenkmarsch für Hitlers Stellvertreter wird verboten. Die NPD will am 9. September in Köpenick marschieren
Heute oder spätestens morgen wird der bekannte Berliner Neonazi Oliver Schweigert Post von der Innenverwaltung bekommen. Darin wird der von ihm für den 19. August angemeldete Gedenkmarsch anlässlich des 13. Todestages von Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß am 17. August untersagt.
Der Sprecher der Innenverwaltung, Stefan Paris, sagte gestern gegenüber der taz, dass das Verbot „nach besten Kräften“ begründet wurde. Details wollte er nicht nennen. Nur so viel: Bei dem Gedenkmarsch handele es sich um eine „Verehrung eines der führenden Köpfe des Dritten Reiches“. Auch das Motto „Mord verjährt nicht“ und die geplante Kundgebung vor der britischen Botschaft – Heß hatte am 17. August 1987 im Militärgefängnis der Alliierten in Spandau, im britischen Sektor, Selbstmord begangen – seien in die Entscheidung eingeflossen. Es bleibt abzuwarten, ob Schweigert Rechtsmittel einlegen wird.
Kaum ist die eine Verbotsverfügung raus, muss sich die Versammlungsbehörde mit der nächsten rechten Demonstration befassen. Die Polizei bestätigte gestern eine Anmeldung des NPD-Kreisverbands Köpenick-Treptow für den 9. September in Köpenick. Unter dem Motto „Grundrechte sind unteilbar“ wollen sich die Nationaldemokraten um 11 Uhr am S-Bahnhof Adlershof treffen. Erwartet werden 250 Teilnehmer zu der bis 18 Uhr angemeldeten Veranstaltung. „Durch die anhaltende, realitätsferne NPD-Verbotsdebatte kommt dieser Demonstration unter dem Motto ‚Grundrechte sind unteilbar‘ eine erhöhte Bedeutung zu“, schreibt die NPD in einer Pressemitteilung. Die Versammlungsbehörde prüft derzeit den Antrag.
Gestern Morgen wurden auf Schaufenstern, Verkehrsschildern und einem Denkmal in der brandenburgischen Stadt Templin etwa 200 Aufkleber entdeckt, die an den Tod von Heß erinnerten, teilte die Polizei in Eberswalde mit. An zwei Brücken über der Autobahn Berlin – Prenzlau befestigten Unbekannte außerdem Transparente mit der Aufschrift „Rudolf Heß – das war Mord“. Eine Aufschrift weist als Initiator der Aktion eine Gruppe „Nationaler Widerstand Barnim-Uckermark“ aus. Unter diesem Namen versucht sich nach Angaben der Eberswalder Polizei die regionale rechte Szene zu organisieren. Außerdem finde sich auf den Aufklebern eine E-Mail-Adresse eines polizeibekannten Eberswalder Neonazis. BARBARA BOLLWAHNDE PAEZ CASANOVA
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