piwik no script img

die stimme der kritikBetr.: Webbung

Viel Köpfchen

„Mein Spiel live. Dein Spiel live. Alle Spiele live.“ Rudi Völler spricht in einem brillanten Syllogismus. Das kleine Fußball-Einmaleins gewissermaßen. Seine sprachlichen Fertigkeiten stellt der Interimsnationaltrainer mitsamt seinem Konterfeis dem Fernsehsender Premiere World zur Verfügung, und auch von Litfaßsäulen runter preist Völler die kommenden Live-Übertragungen der Bundesliga.

Dem „Kaiser“ haben die Werbetexter des Pay-Kanals natürlich etwas mehr zugetraut als die Kickerversion von „Mein Bac, dein Bac“. Sie lassen den Franz in ganzen Sätzen sprechen: „So haben Sie die Bundesliga noch nie gesehen“, tönt er viel versprechend. Was auch stimmt, wenn man sein World-Abo nicht bezahlt.

Das ZDF geht bekanntlich mit einer Horde einäugiger ModeratorInnen in Großaufnahme auf Zuschauerfang, und Premiere World bietet „Visage mit Slogan auf Stirnhöhe“, gewissermaßen. Gezielte Öffentlichkeitsarbeit nennt man das. Eine Kampagne mit viel Köpfchen halt. Wenn da die Quote nicht vor Freude in die Höhe hüpft!

Der Musikkanal Viva ging mit seiner Selbstreklame dagegen wesentlich tiefer: Statt des beliebten Face-to-face-Formats wählte der Sender die Ganzkörperaufnahme einer jungen Frau, die mit gespreizten Beinen, lasziv-motzigem Blick und der Aufforderung „Kauf mich“ für den Börsengang von Viva warb. „Zu provokativ“, beanstandete der Deutsche Werberat die gut gemeinte Idee. Viva zeigte Reue und zog das Plakat zurück.

Orientierung bieten allein die bekanntlich gnadenlos pfiffigen Werbeideen des Zigarettenherstellers Lucky Strike, der gerade mit „Die steckt immer in einem klugen Kopf“ daherkommt. Konsequenzen ziehen heißt in diesem Fall: Dieter Thomas Heck in Nahaufnahme mit der Dreisatzsprechblase „Viva liebt dich. Und mich. Und alle Aktionäre.“ Werbepausen sind übrigens nicht vorgesehen.

JUTTA HEESS

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen