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Koch bedauert das Damenopfer

Franz Josef Jung, Kanzleichef und enger Vertrauter des hessischen Ministerpräsidenten, tritt auf Druck der FDP und ihrer Vorsitzenden Ruth Wagner ab

aus WiesbadenHEIDE PLATEN

Angespannt stellte sich der hessische Staatsminister Franz Josef Jung (CDU) gestern um 15.08 Uhr im drückend engen Saal 307 W des Wiesbadener Landtages den Kameras: Mit getragener Stimme ließ er wissen: „Ich trete von meinem Amt als Minister für Europa- und Bundesangelegenheiten und als Chef der Staatskanzlei zurück.“ Der Rücktritt, so betonte Jung, habe nichts mit den Akten zu tun, die die Wiesbadener Staatsanwaltschaft der Partei am Freitagabend übergeben hatte, Akten, die der hessische Schwarzgeld-Untersuchungsausschuss seither immer dringender anfordert. Die CDU hatte sie zuerst einmal zurückgehalten und von einer eigenen Anwältin überprüfen lassen.

In den Unterlagen, so Jung zum Ergebnis, seien zwei Briefe enthalten, die gegen ihn ausgelegt werden könnten. Beide stammten aus dem beschlagnahmten Privatbesitz vom CDU-Finanzberater Horst Weyrauch. (siehe untenstehende Dokumentation)

Jung betonte, er habe beide Briefe nicht gekannt. Sie könnten jetzt aber zu einer Diffamierungskampagne gegen ihn verwendet werden. Er selbst habe, beteuerte er mehrmals, auch aus seiner Zeit als Generalsekretär der Partei sich nichts vorzuwerfen. Der „einzige Fehler“, den er gemacht habe sei der, „dass ich Personen vertraut habe, denen man, wie ich heute weiß, nicht hätte vertrauen dürfen.“ Er beuge sich mit seinem Rücktritt lediglich dem Druck des Koalitionspartners FDP. Landtagsabgeordneter will Jung weiter bleiben.

Immer in Treue fest hatten sie in den letzten Monaten zusammengestanden. Mit Franz Josef Jung ging Roland Koch nun nach über einem halben Jahr der Durchhalteparolen nicht nur eines loyalen Ministers, sondern auch eines Mannes verlustig, den er immer wieder auch „einen Freund“ genannt hatte. Jung, ebenso konservativer Hardliner der Partei wie Koch und Stratege der Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, galt als langjähriger Weggefährte, als das Alter Ego des Ministerpräsidenten, mit dem gemeinsam er den unterwarteten Sieg im Wahlkampf 1999 errungen und alle Angriffe der Opposition durchgestanden hatte. Immer sei klar gewesen, so auch Vertraute, dass der eine ohne den anderen nicht vorstellbar sei. Was Koch gewusst habe, das habe auch Jung gewusst. Und umgedreht.

Jung ist, so sehen es seine Gegner übereinstimmend, kein Bauernopfer. Roland Koch hatte im Anschluss an Jungs Rücktrittserklärung im Wiesbadener Schachspiel den schweren Stand eines Königs, dessen Dame geopfert wurde. Er beeilte sich, Jung zur Ehrenrettung sein Vertrauen auszusprechen: „Der Franz Josef Jung ist ein anständiger Kerl!“ Jung habe, da sei er sich sicher, von der Spendenaffäre „nichts gewusst“.

Die FDP-Vorsitzende Ruth Wagner erklärte, sie habe den Rücktritt von Jung gefordert, weil sich aus den Akten zumindest ein „widersprüchlicher Sachverhalt“ zu dessen Aussagen vor dem Berliner Untersuchungsausschuss im Erpressungsfall Reischmann ergeben habe. An der Koalition mit Roland Koch halte man allerdings fest.

Sowohl Koch als auch CDU-Generalsekretärin Otti Geschka machten gestern nachmittag die Medien für den Rücktritt von Franz Josef Jung verantwortlich, vor allem „einige wenige“. Vor allem Generalsekretärin Otti Geschka (siehe untenstehendes Porträt) ging unverhohlen zornig zu einer Gegenoffensive gegen „Teile der Presse“ über. Sie nannte den Spiegel, die Süddeutsche Zeitung und den Hessischen Rundfunk namentlich. Diese hätten sich „auf illegale Weise“ Zugang zu den Ermittlungsakten verschafft, Details „in böser Absicht“ bewusst falsch zitiert und „ein schäbiges Spiel“ getrieben. Es sei damit bezweckt worden, Franz Josef Jung „systematisch in Misskredit zu bringen“. Die CDU mit ihren 60.000 Mitgliedern sei „Opfer und nicht Täter“: „Wir lassen es uns nun nicht mehr gefallen, dass mit dem Herrschaftswissen einiger Kampagnen gegen uns gestartet werden.“

Geschka reichte der Presse die der CDU vom Staatsanwalt übergebenen Akten auszugsweise weiter samt einer Einschätzung der Rechtsanwältin der Partei. Danach seien die wesentlichsten Aufklärungsergebnisse Kochs bestätigt, und, „von zentraler Bedeutung“, „Ministerpräsident Roland Koch war in die Finanzaffäre nicht verwickelt. Er hatte nach allen Aussagen und Dokumenten keine Kenntnis von den Schweizer Konten, und er hat sich schon gar nicht in irgendeiner Weise strafbar gemacht, auch das bestätigt die Staatsanwaltschaft in all diesen Akten.“

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