: Ein tierischer Luxus
Leisten kann sich Berlin zwei Zoos eigentlich nicht. Doch Privatisierung wäre schwierig und Schließung unpopulär
Nach zwei Stunden tun die Füße weh. Der Weg vom Eisbärengehege bis zu den Raubtieren im Alfred-Brehm-Haus führt durch eine weitläufige Parklandschaft. Doch die Besucher wissen die Weitläufigkeit durchaus zu schätzen. Da sich die Schaulustigen über das Gelände verteilen, sei es hier richtig erholsam, sagen viele. Es gibt stille, schattige Wege, und vor den Käfigen ist kein Gedrängel. Auch die Gehege sind großzügig angelegt.
1,4 Millionen Besucher kamen 1999 in den Tierpark, der Zoo zog sogar 2,6 Millionen Besucher an. Längst mischen sich Zoofans aus Ost und West. Eine junge Mutter aus Neukölln geht mit ihrer vierjährigen Tochter lieber in den Tierpark Friedrichsfelde. Lichtenberg ist für sie einfach näher und im Zoo sei immer so ein Trubel. Eine 60-jährige Großmutter wartet mit Tochter und Enkelin auf die Fütterung der Robben im Zoo. Erst letzte Woche waren sie alle im Tierpark Friedrichsfelde. „Da haben die Kinder mehr Platz zum Toben.“
Fragt man Besucher, ob die Stadt sich zwei Zoos leisten kann, verteidigen sie allesamt das Doppelangebot. „Die ergänzen sich doch.“ Der eine kompakt und zentral gelegen, der andere in einer Parkanlage und eine Viertelstunde U-Bahn-Fahrt vom Alexanderplatz entfernt. Nur ein Unternehmer aus Potsdam zeigt Kostenbewusstsein. Er schlägt vor, den Zoo in den Tierpark integrieren. Platz sei doch genug.
Doch bei den Westberlinern löst ein solcher Vorschlag erwartungsgemäß große Empörung aus: „Unser Zoo wird immer unser Zoo sein“, sagt die 60-jährige Dame aus Britz, die schon seit ihrer Kindheit in den Zoo kommt.
Die beiden Zoos dürften die letzte der Doppelstrukturen sein, an die sich die Politik herantraut – wenn überhaupt. Selbst eine Privatisierung wäre schwierig: „Mit einem Zoo lässt sich kein Geld verdienen“, sagt Bernhard Blaszkiewitz, Direktor des Tierparks Friedrichsfelde. Immerhin hätten beide Zoos ihren Zuschussbedarf aus der Landeskasse kräftig gesenkt. Der Tierpark, der 1996 noch mit 24 Millionen Mark alimentiert wurde, musste 1999 mit 17 Millionen auskommen. Der Zoo bekam statt 11 nur noch 7 Millionen. Nächstes Jahr sollen die Zuschüsse erneut um 5 Prozent gekürzt werden.
Die beiden Einrichtungen sind rechtlich verflochten – der Tierpark ist eine GmbH und Tochtergesellschaft der Zoo Aktiengesellschaft. Den kaufmännischen Direktor und den Sicherheitsinspektor teilen sie sich. Absprachen gibt es beispielsweise beim Futtereinkauf und beim Tierprogramm. Der Tierpark hat keine Menschenaffen und keine Robben. Der Zoo wiederum hat keine Rundschwanz-Seekühe. „Natürlich gibt es Doubletten,“ sagt Direktor Blaszkiewitz. „Die Besucher erwarten Elefanten, Giraffen und Raubtiere.“
Zwei Zoos in einer Stadt, davon kann der Besucher aus Bremen nur träumen. Einen könnte man ja in die Hansestadt verlagern, schlägt er lachend vor. Denn da gibt es zwar die Bremer Stadtmusikanten, aber keinen Zoo. DOROTHEE WINDEN
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