piwik no script img

Strom soll teurer werden

■ Energieversorger wollen nach dem harten Preiskampf gern mehr für ihren Strom kassieren / Sind die steuerlichen Belastungen Vorwand oder Grund?

Nachdem in den letzten Jahren der Wettbewerb zur Senkung der Strompreise geführt hat, werden sie 2001 wieder steigen. Die Energie-Unternehmen reden ungern darüber, gerade in den Wochen der Verärgerung über dramatisch steigende Benzin- und Gaspreise fürchten sie ums Image. Dass etwas zum 1.1.2001 etwas passieren wird, ist dennoch gewiss. „Nichts genaues weiß man noch nicht“, sagt die Sprecherin der swb-AG, der alten Bremer Stadtwerke.

Es gibt Energieversorger, die ganz offen über die Lage reden. Beim Ludwigsburger Stromhersteller Krawag (Kraftwerk Altwürttemberg AG) sind Preiserhöhungen für Oktober und Januar angekündigt. Das „Preistal“ sei erreicht, hat hier der Vorstand formuliert. Bei einem Haushalts-Preis von 25,7 Pfennig pro Kilowattstunde blieben nur 4 Pfennig für die Stromproduktion, das sei kaum kostendeckend. Verluste hat deshalb aber auch die Krawag nicht ausweisen müssen. Im Preiskampf sind die Stromversorger offensichtlich bis an die Grenze gegangen und wollen die Verbraucher nun vorsichtig wieder an höhere Preise gewöhnen.

Zur Begründung kommt da, versetzt mit einem „unter anderem“, die Energiepolitik der Bundesregierung gerade recht. Aber man wird genau nachrechnen müssen, um feststellen, ob die Energieabgaben Grund oder nur Vorwand für die Preiserhöhungen sind. Die zweite Stufe der Ökosteuer zum Beispiel schlägt gerade mit einem halben Pfennig pro Kilowattstunde zu Buche. Bei dem „Gesetz für erneuerbare Energien“, das seit dem1.4.2000 in Kraft ist, fällt die Rechnung etwas komplizierter aus. Die Energieversorger werden verpflichtet, Strom aus erneuerbaren Energie-Quellen im Schnitt für 16,7 Pfennig zu kaufen. Dies ist bei einem Verkaufspreis von 25 Pfennig pro Kilowattstunde nicht kostendeckend. Da es sich bisher aber um minimale Strommengen handelt, schlägt der Subventionspreis für Öko-Strom kaum auf die Stromkosten durch.

Als dritter Grund für Kostensteigerungen weisen Stromversorger auf das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz hin: Seit dem Mai 2000 müssen Energieversorger den Strom aus kommunalen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen für 9 Pfennig pro Kilowattstunde abnehmen. Je nach Kraftwerk liegen die Erzeugungskosten sonst geringfügig unter diesem Preis. Hier ist daher der Subventions-Anteil gering, die Menge des KWK-Stromes fällt auch kaum ins Gewicht. Für industrielle KWK-Anlagen gelten diese Preise nicht, das hat schon im vergangenen Jahr zu großer Verärgerung beim Verband der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) geführt. Hunderte von KWK-Anlagen, mit denen Betriebe die eigene Stromversorgung ohne Leitungsverluste und umweltfreundlich sicherstellen, stehen vor der Schließung, weil die Stromversorger (z.B. nachts) nicht benötigten Strom nur für weniger als die neun Pfennig abnehmen.

Auch der vom Bundesverband der Energie-Abnehmer e. V. (VEA), Hannover, erstellte Bundes-Strompreisvergleich II/2000 zeigt, dass die Talsohle bei den Strompreisen erreicht ist. „Es existieren aber weiterhin große Preisunterschiede zwischen den einzelnen Versorgungsunternehmen, die im Einzelfall weit über 50 Prozent betragen,“ sagt Dr. Volker Stuke, Geschäftsführer des VEA. Auffallend seien auch die auch deutlich ungünstigeren Strompreise in den neuen Bundesländern.

Der Anteil der Kosten für die Netznutzung an den Gesamtkosten werde dabei oft unterschätzt: Er betrage zwischen 30 % und 50 %, im Einzelfall auch 70 %. Hier sieht der VEA sogar Ansätze für weitere Preissenkungen. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen