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WeltkindertagGlocken als Signal

■ Kinder- und Elternrechte werden auch im reichen Deutschland verletzt

Kaum hat Hennig Scherf einmal die Möglichkeit, als Senator für kirchliche Angelegenheiten zu brillieren, ist er auf Dienstreise in Aserbaidschan. Doch auch wenn der Schirmherr auf Tour ist, werden zum morgigen Weltkindertag in Bremen und im übrigen Bundesgebiet die Kirchenglocken läuten – für die Rechte der Kinder und ihrer Familien.

Um diese ist es auch im reichen Deutschland häufig nicht gut bestellt. 1998 hätten hierzulande 2,2 Millionen junge Menschen in Armut gelebt, so die Vorsitzende der Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder, Ilse Wehrmann. Auch in Bremen sind die Zahlen erschreckend: 43 Prozent der „evangelischen“ Kindergartenkinder kommen laut Wehrmann aus Familien, die Sozialhilfe oder ein niedriges Einkommen beziehen.

Die Bundesvorsitzende fordert nun verstärktes staatliches – und auch kirchliches – Engagement. So beurteilt sie etwa den kürzlich auch in Bremen ins Gespräch gebrachten beitragsfreien Kindergartenplatz als „absolut richtig und notwendig“. Für Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD) ist eine derartige Regelung indes nach wie vor „kein Thema“. Die Kommune hat ebenfalls nicht vor, das Tages-einrichtungs-Angebot für Kinder im Alter von unter drei Jahren auszuweiten.

„Nirgendwo in Europa sind diese Angebote derartig unterentwickelt wie in Deutschland“, kritisiert Ilse Wehrmann. Auch der Bremer Senat setzt bisher eher auf den „familiären Rahmen“. Die Stadt übernimmt lediglich einen Teil der Kosten hiesiger Mutter-/Vater-Kind-Gruppen. Im Jahr 2001 will die evangelische Kirche in Bremen acht neue Gruppen einrichten.

Am Mittwoch gibt es ab 14.30 Uhr auf dem Marktplatz Gelegenheit, mit Vertretern der Bremer Politik über diese Themen zu diskutieren. Das Programm zum Weltkindertag beginnt um 10.30 Uhr mit einem Gottesdienst im St.Petri-Dom. Und um 11.30 Uhr lässt die Bundesvereinigung die Glocken läuten. hase

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