entwicklungshilfe: Ministerin mit wenig Amt
Es ist noch nicht allzu lange her, da war das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit abgeschrieben. Unter der Regierung Kohl verwaltete ein Minister namens Spranger lustlos das unbedeutende Amt. Rot-Grün wollte es besser machen, wollte das Ressort wieder mit mehr finanziellen Mitteln und mehr Kompetenzen ausstatten.
Kommentarvon SEVERIN WEILAND
Es blieb weitgehend bei den Ankündigungen. Statt einer Erhöhung musste die jetzige Ministerin Wieczorek-Zeul im Etat 2000 eine Absenkung um 674 Millionen Mark hinnehmen. Zwar wird ihr Haushalt für 2001 wieder leicht erhöht – aber am Sparkurs in der Entwicklungshilfe ändert das wenig. Denn die zusätzlichen 1,7 Prozent fließen vor allem in den Stabilitätspakt Südosteuropa.
Besser steht die Ministerin auf der symbolisch-politischen Ebene da. Im Bundessicherheitsrat stimmte sie gegen die Rüstungsexporte in die Türkei. Geändert hat ihr Veto zwar nichts, aber Wieczorek-Zeul, die letzte Traditionslinke der SPD im Kabinett, verschaffte und verschafft sich so beträchtliche Aufmerksamkeit. Darüber hinaus verkündete sie einen Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt und bediente so jenen Wunsch nach Moral in der Politik, den viele in der SPD bei anderen sozialdemokratischen Ministern vermissen.
In den ersten Monaten ihrer Amtszeit bereiste sie mehr Länder als Joschka Fischer, was ihr Anfang des Jahres vom Spiegel den Titel einer „heimlichen Außenministerin“ eintrug. Doch ihr Auftritt auf internationalem Parkett ist zugleich auch ihre größte Bürde. Denn der mediale Zugewinn geht nicht einher mit einem höheren politischen Gewicht ihres Ministeriums. Und so verwundert es nicht, dass kürzlich der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Gunter Pleuger, einen Testballon steigen ließ und öffentlich eine Fusion der beiden Häuser anregte.
Wieczorek-Zeul, so kämpferisch sie sich dagegen wenden mag, wird solche Begehrlichkeiten nicht ausräumen können. Im Gegenteil. Je öfter sie die internationale Bühne für ihre Auftritte nutzt, je ungezwungener sie die Freiheiten ihres Amtes in eine Art Ersatzdiplomatie verwandelt, umso stärker wird das Misstrauen des Auswärtigen Amtes.
Am Ende dieser Legislaturperiode könnte Wieczorek-Zeul einen höchst zweifelhaften Erfolg verbuchen. Sie selbst wäre zwar eine bekannte Ministerin, doch das BMZ könnte Gefahr laufen, ab 2002 den Damen und Herren in Nadelstreifenanzügen zugeschlagen zu werden.
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