planwerk innenstadt: Fortgesetzte Verlogenheit
Nun ist es raus: Der Masterplan bringt uns keine „Nutzer als Eigentümer“, sondern ähnlich teure Wohnungen wie am Potsdamer Platz. Wovor Kritiker immer gewarnt haben, hat nun ein hoher Beamter des Bausenators unumwunden zugegeben.
Kommentar von UWE RADA
Seit 1996 verkauft Bausenator Peter Strieder das Planwerk Innenstadt, obwohl aus der Perspektive von Haushältern von Anfang an als geniales Instrument der „Flächenmobilisierung“ bewundert, als großen städtebaulichen Wurf. Mit der Konzentration der Innen- vor der Außenentwicklung sollte nachhaltiger Städtebau betrieben, die Stadtflucht angehalten und das alte Berlin in seinen Grundformen wieder kenntlich gemacht werden.
Nichts von alledem ist eingetreten. Vor dem Hintergrund riesiger Leerstände im Büro- und Wohnungsbestand sowie angesichts der Planungen für den Alexanderplatz ist die „Flächenmobilisierung“, die auch auf Kosten von Grünflächen wie dem Friedrichswerder geht, alles andere als nachhaltig. Sie hält aber auch die Stadtflucht nicht auf, weil die Zielgruppe, die es an den Stadtrand drängt, gar nicht der Adressat der Planwerker ist. Oder wohnen etwa am Potsdamer Platz Lehrer oder Handwerker? Zu guter Letzt schließlich wird auch Alt-Berlin, so sehr es sich mancher Planwerks-Protagonist auch wünschen würde, nicht auferstehen. Der umgefallene Marsriegel, den der Architekt Gernot Nalbach anstelle des Ahornblatts setzt, dürfte dafür wohl Beweis genug sein.
Statt fortgesetzter Verlogenheit ist deshalb Umdenken das Gebot der Stunde. Das gilt nicht nur für das Planwerk, sondern auch den Alexanderplatz. Nicht Wachstumsszenarien sind Antworten auf die Fragen der Zukunft, sondern Schrumpfungsszenarien. Statt permanent Berliner Großmannsphantasien zu verfolgen, sollte der Bausenator darüber nachdenken, wie in Zukunft mit dem Leerstand im Bestand verfahren werden soll.
Der betrifft nicht nur die Wohnungen in den einmal ebenfalls gepriesenen „neuen Vorstädten“ wie etwa Karow Nord. Er betrifft zunehmend auch Wohnungen und Gewerberäume in der Innenstadt. Oder hat Strieder nicht mitbekommen, das die Zahl der Berliner, anders als die der Bauvorhaben, sinkt?
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