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Die Anführerin der aufständischen Bauern

Die Politologin Birsel Lemke engagierte sich gegen den Abbau von Gold mit Hilfe von Blausäure in der Region von Bergama

ISTANBUL taz ■ In der türkischen Öffentlichkeit ist die Trägerin des Alternativen Nobelpreises, Birsel Lemke, als Person weitgehend unbekannt. Um so bekannter sind die Ergebnisse ihrer Bemühungen. Die Bürgerinitiative gegen den Goldabbau in der Region um Bergama, ist das erfolgreichste Beispiel zivilen Widerstands in der Türkei.

Vor zehn Jahren gehörte Birsel Lemke zu den Initiatorinnen dieses Widerstands. Sie war es, die die Bauern rund um das historische Pergamon, dem heutigen Bergama, davon überzeugte, dass man die Zerstörung ihres Landes nicht klaglos hinnehmen muss, sondern durchaus erfolgreich dagegen protestieren kann. Die heute 50-jährige Birsel Lemke, Mutter von fünf Kindern, hat in Ankara und den USA Politologie studiert und dann von 1975 bis 1985 in Deutschland gearbeitet. Dort lernte sie organisierten Bürgerprotest in der Anti-AKW-Bewegung kennen und machte sich nach ihrer Rückkehr in die Türkei mit daran, auch am Bosporus eine grüne Partei auf die Beine zu stellen. Von 1987 bis 1990 war sie im Vorstand der zugegebenermaßen nicht gerade erfolgreichen Grünen Partei der Türkei.

Viel erfolgreicher war dagegen ihre Arbeit, die sie ab 1990 in die Bürgerinitiative „Hayir“, zu deutsch „Nein“, investierte. Zu diesem Zeitpunkt wollten der türkische Töprak- und der australische Eurogold-Konzern anfangen, in der Umgebung von Bergama in großem Stil Gold zu schürfen. Dabei sollte mit Hilfe von Zyanid – einem hochgiftigen Salz der Blausäure – Gold aus der Erde gewaschen werden. Völlig zu Recht befürchten die Olivenbauern um Bergama, dass von ihren Bäumen nach einer Zyanidbehandlung nicht mehr viel übrig ist. Das Unglück im rumänischen Goldbergwerk im Januar dieses Jahres, bei dem die Donau durch Zyanid verseucht wurde, hat diese Befürchtungen aufs Schlimmste bestätigt.

Zehn Jahre haben die Bauern demonstriert, haben das Parlament in Ankara belagert und sich mit der Polizei herumgeschlagen. Dann, 1997, gab ihnen das Oberste Türkische Verwaltungsgericht recht. Doch im letzten Jahr hat die türkische Regierung auf Druck des IWF ein Gesetz verabschiedet, das für ausländische Investoren einen Rechtsschutz vor internationalen Gerichten vorsieht. Vor drei Monaten dann hat die türkische Regierung der Firma Eurogold trotz des türkischen Gerichtsurteils eine Schürferlaubnis erteilt.

Der Alternative Nobelpreis für Birsel Lemke kommt nun gerade zum rechten Zeitpunkt. Sie und die Bauern von Bergama werden in der Türkei und hoffentlich auch im Ausland neue Unterstützung bekommen, um sich auch weiterhin gegen die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen erfolgreich zur Wehr setzen zu können. JÜRGEN GOTTSCHLICH

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