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Improvisation und Tazieh

■ Schauspiel im Exil: Das 5. Festival des iranischen Theaters gibt in dieser Woche einen Überblick über hiesige Produktionen

Zu einem west-östlichen Diwan würde sich heute niemand mehr aufraffen. Auf Kulturaustausch setzt Ramin Yazdani, Leiter des Festivals des iranischen Theaters, trotzdem: 20 Gruppen hat der Autor, Schauspieler und Regisseur in die Opera Stabile geladen. Aus Hamburg, Berlin und Köln stammen die Musik-, Tanz und Theaterensembles, die in der Studiobühne der Staatsoper gastieren.

Dabei will sich das Theaterfestival keineswegs mit der Wiederbelebung traditioneller Formen und Inhalte begnügen. Yazdani strebt eine produktive Mischung an, die weder wehleidig noch unpolitisch sein soll: Dem derzeit inhaftierten Ebrahim Nabawi ist zum Beispiel das Stück Prozesse eines Chefredakteurs einer iranischen Zeitung gewidmet, das Nabawi selbst geschrieben hat. Als Mischung aus dem Tazieh, dem alten iranischen Trauerspiel, und modernem Improvisationstheater ist es angelegt. Eines Gottesurteils harren die Menschen in Ein Warteraum von Farhad Payar; poetisch ist die musikalische Lesung Ein Blumenblatt, Wind und Regen, die an den jüngst 70jährig gestorbenen Dichter Ahmad Schamlou erinnern soll.

Nur 32-jährig starb Forough Farrokhzad 1966, deren Brief an den Vater in der Opera Stabile inszeniert wird. Eine Wegbereiterin der Frauenbewegung sei die Autorin etlicher Gedichtbände gewesen, „vor allem durch ihre mutige Präsenz in der damals noch stärker männerdominierten iranischen Intellektuellenszene“, wie Yazdani beteuert. Ganz direkt emanzipiert nimmt die 1967 in Teheran geborene Niloofar Beyzaie weibliche Unterwürfigkeit in den Blick – ein Thema, das sich auch in ihrem Stück Die blauen Träume der grauen Frauen findet und das neben Ebrahim Makkis Verlorengegangen steht, einem absurdem Dialog, in dem ein alter Mann mit einem Kind um die Wette philosophiert.

Was noch? Die Tanzgruppe Namah aus den USA vielleicht, die AmvaajDie Wellen präsentiert und Elemente alter iranischer Tanztradition in die Gegenwart übersetzt. Petra Schellen

Esther: 17.10., 16.30 Uhr, Lesung Behnam Hassanpour: 19.10., 16.30 Uhr; Brief an den Vater: 19.10., 18.30 Uhr; Lesung für Ahmad Schamlou: 20.10., 16.30 Uhr; Ein Warteraum: 20.10., 20.30 Uhr; Prozess eines Chefredakteurs: 20.10., 22.30 Uhr; Amvaaj: 21.10., 18.30 Uhr; Die blauen Träume: 21.10., 20.30 Uhr; Verlorengegangen: 22.10., 20.30 Uhr. Abschluss mit internationalem HipHop: 22.10., 22.30 Uhr., Opera Stabile, Staatsoper Hamburg. Ausführliches Programm: Tel. 351721

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