: Golden-Oldie-Mix
■ Das britische Sänger-Quintett „Flying Pickets“ begeisterte im Schlachthof
Sie sind – neben Bobby McFerrin – wohl die Einzigen, die in den letzten Jahrzehnten mit einer reinen A-Cappella-Nummer einen internationalen Hit gelandet haben. In den 80ern war der Yazoo-Song „Only You“ in der Version von den „Flying Pickets“ eine Zeit lang in aller Ohren, und seitdem singen sich die fünf Briten (inzwischen mit einem Auswechselsänger aus Australien) durch das Songbook der Goldenen Oldies. Eine Boygroup waren sie wohl auch damals schon nicht mehr, und nun können die gut gereiften Herren sich den Scherz nicht verkneifen, sie seien „a Mangroup“. Damals war aber ihr Repertoire ganz im hier und jetzt; inzwischen bekommt man eher nostalgische Gefühle, wenn man Michael Jacksons „Billy Jean“ oder „Time After Time“ von Cindy Lauper in ihren raffinierten Gesangsarrangements hört. Der immer noch sehr wirkungsvolle Überraschungseffekt der Band besteht darin, dass das Tausendmalgehörte bei ihnen halt ganz anders klingt.
Dazu kommt dann, wie nun bei ihrem Auftritt im Schlachthof zu erleben, noch die sehr sympathische Ausstrahlung der fünf Sänger, die zwar keinen durchkalkulierten Comedyact auf der Bühne bieten, aber dann doch bei ihren Ansagen genau wissen, wie sie die Lacher herauslocken können. Außerdem hat jeder eine ausgeprägte Solostimme, und weil der Leadpart während des Auftritts reihum weitergegeben wird, gibt es eine große Variationsbreite an Grundstimmungen, Klangfärbungen und Temperamenten. Der eine hat eine sinnlich/rauchige Soulstimme, der nächste einen klaren Tenor, der dritte wirkt ein wenige tuntig, und der Boss Gary Harrod kann am besten die Stimmung anheizen. Einige Parts wurden auch sehr spannend gegen den Typ besetzt: So musste ausgerechnet der eher phlegmatisch wirkende Basssänger mit quieksender Falsettstimme (und gar nicht schlecht) den Campklassiker „Staying Alive“ singen.
Wie alle wirklichen Virtuosen gaben die Fünf nicht viel mit ihrer Technik an, sondern ließen statt dessen die ausgefuchsten Gesangsparts so leicht und natürlich klingen, als wäre nichts dabei. Ein paar Rasseln, ein Tambourin und einige elektronische Echoeffekte wirkten da schon fast wie Stilbrüche, denn auch ohne Hilfsmittel können diese fünf Stimmen etwa Bob Marleys Reggaefeeling sehr überzeugt kopieren. Wilfried Hippen
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