piwik no script img

Die RückschauMusentempel der Handarbeit

■ Ein neues Buch dokumentiert den Umbau von Bremerhavens Stadttheater

„Es gibt kaum etwas in Bremerhaven, bei dem so große Einigkeit besteht wie beim Stadttheater“, schreibt Volker Heigenmooser in einem gerade erschienen Begleitbuch zur Sanierung des Hauses, das in der Seestadt seit 90 Jahren als zentraler Musentempel angesehen wird und bisher alle Existenzkrisen überlebt hat. Nach eineinhalbjähriger Sanierung wird das Stadttheater Weihnachten wieder eröffnet.

Der renommierte Berliner Architekt Oskar Kaufmann konnte vor dem Ersten Weltkrieg mit einer verhältnismäßig geringen Summe ein „Theatergebäude ersten Ranges“ schaffen, dessen „monumentales“ Erscheinungsbild seine Aufgabe als kulturelles Zentrum der Unterweserorte unterstreichen sollte. Im Zweiten Weltkrieg bis auf die Fassade völlig zerstört, wurde der Spielbetrieb im erneuerten Musentempel 1952 wieder aufgenommen. 45 Jahre lang blieben Räumlichkeiten und Bühnentechnik unverändert. Handarbeit war das entscheidende Merkmal.

Unter welchen „geradezu abenteuerlichen Bedingungen“ hinter den Kulissen jahrzehntelang gearbeitet wurde, lässt Heigenmooser die beteiligten Techniker und Bühnenarbeiter erzählen. Eine schlecht gelüftete Schlosserei im Keller, veraltete Maschinen, Platzmangel in allen Bereichen, hohe Schallbelästigung – die Arbeit im Theater betand zum großen Teil aus Notlösungen und geschickter Improvisation. Was auf der Bühne zu bewegen war, musste von Hand bewegt werden. „Jede Ebene und jedes Gerüst musste auf die Bühne geschleppt und dort zusammengebaut werden.“

Künftig werden ganze Spielflächen elektrisch herein- und herausgefahren. Der Schnürmeister sitzt nicht mehr auf der Galerie, sondern am Computer. Die alte Theaterluft ist während des Umbaus entwichen. Jetzt wird in einem High-Tech-Gebäude gearbeitet. Der Fotograf Heiko Sandelmann hat den Abbruch des alten und Aufbau des neuen Hauses mehrere Monate lang mit der Kamera begleitet. Hans Happel

Volker Heigenmooser/Heiko Sandelmann: „Bremerhaven – einig fürs Theater/Die Sanierung des Stadttheaters Bremerhaven 1997-2000“, 96 Seiten Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven, 29,80 Mark

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen