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Munition für den finalen Rettungsschuss

Die Pläne des Innensenators, die Berliner Polizei jetzt mit Deformationsmunition auszurüsten, stehen unter Kritik. Rechtsexperte bezweifelt Vereinbarkeit mit der Verfassung, SPD lehnt ab. Munitionstyp derzeit noch in der Entwicklung

Nicht nur bei der SPD stößt die von Innensenator Eckart Werthebach (CDU) getroffene Entscheidung, die Polizei mit Deformationsmunition auszurüsten, auf Widerspruch. Den Einsatz dieser Munition, die im Körper erheblich größere Verletzungen anrichtet als die herkömmlichen von der Berliner Polizei gebrauchten Vollmantelgeschosse, kritisiert auch Oesten Baller, Professor für öffentliches Recht in der Polizeiausbildung an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege. Er hält den Einsatz für verfassungsrechtlich bedenklich.

„Im Prinzip darf ... Deformationsmunition, die dem derzeit auf dem Markt befindlichen Typen entspricht, nur unter den Voraussetzungen gegen Menschen eingesetzt werden, in denen ... ein finaler Rettungsschuss für zulässig gehalten wird,“ fasste Baller in einer Expertise für die Zeitschrift Cilip bereits Anfang des Jahres zusammen.

Werthebach hatte vor wenigen Tagen angekündigt, die Polizei mit Action-Munition auszustatten. Die Innenexpertin der SPD, Heidemarie Fischer, lehnt die Pläne Werthebachs ab. „Unsere Polizei ist doch nicht die GSG 9“, so Fischer. Die SPD sei von Werthebachs Plänen nicht informiert. Bayern und Baden-Württemberg sind derzeit dabei, die umstrittene Munition einzuführen.

Deformationsgeschosse verformen sich beim Aufprall auf den Körper und bleiben deshalb stecken. Statt wie bei der üblichen Munition konzentriert sich so die gesamte Schussenenergie auf die getroffene Stelle. Dadurch werden innere Organe zerrissen. Nach Ansicht Ballers führt diese Munition nicht nur zur Häufung irreversibler Verletzungen, sondern erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass zentrale Blutgefäße verletzt werden. Tödlich ausgehen können mit der Deformationsmunition auch Beinschüsse, die häufig zum Stoppen von Verdächtigen eingesetzt werden.

Werthebach und andere Innenminister argumentieren, dass durch diese Munition die Verhältnismäßigkeit gewahrt sei, weil Unbeteiligte nicht mehr so leicht der Gefahr durch Querschläger ausgesetzt würden. Baller dagegen betont, „eine allgemeine Ausrüstung der Polizei mit einer Munition, die zu einer erheblich größeren Gefährdung und so zu einer größeren Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Risikos für den Betroffenen führt, ist mit dem verfassungsmäßigen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit schwerlich in Einklang zu bringen“. Ohnehin werde, so Baller, nach einer Studie der Innenministerkonferenz die Schusswaffe von der Polizei zu 69 Prozent nicht zur Verhinderung schwerer Straftaten, sondern etwa zum Aufhalten eines Straftäters oder zur Wiederergreifung eines Ausbrechers eingesetzt.

Baller verweist weiter darauf, dass schon eine Studie aus dem Jahr 1997, die den Beweis erbringen sollte, dass die Deformationsmunition polizeitaktisch nötig sei, „keine verwertbaren Ergebnisse“ gebracht habe. Bei der Beurteilung sei jedoch genau zu betrachten, welche Art Munition eingesetzt werde, um die Risiken abschätzen zu können.

Werthebachs Sprecherin Isabelle Kalbitzer betonte gestern, der Senator habe zwar den Entschluss gefasst, die Polizei mit Deformationsmunition auszurüsten, der Typ sei aber derzeit noch in der Entwicklungsphase. Man wolle einen Munitionstyp, der weniger große Verletzungen anrichte. Eine Gesetzesänderung und damit die Zustimmung der SPD seien nicht vonnöten.BARBARA JUNGE

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