: Lukrativer Liebeskummer
■ Der eine Angeklagte schweigt, der andere fühlt sich unschuldig: Hamburger Strafverteidigerin wurde von Mandanten erpresst
Er sollte ihr Sicherheit bieten und wurde selbst zur Bedrohung. 145 Nachrichten per Handy schickte der Bodyguard an die Hamburger Rechtsanwältin Jutta Heck, bevorzugt nachts. Sie solle sich mit ihm treffen, intim sein, andernfalls würde er Presse und Rechtsanwaltskammer über „berufliche Verfehlungen“ informieren. Die renommierte Strafverteidigerin scheute die Veröffentlichungen ihres ehemaligen Mandanten und späteren Bodyguard nicht. Sie informierte die Polizei. Seit gestern muss sich Michael L. zusammen mit dem Mitangeklagten Bernd B. vor dem Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem versuchte räuberische Erpressung vor. Michael L. sitzt seit sechs Monaten in Untersuchungshaft.
Michael L. drohte Heck, öffentlich zu verbreiten, dass sie mit der Polizei bei der Anwerbung von V-Leuten zusammenarbeite und eigene Mandanten aus den Reihen der „Organisierten Kriminalität“ vermittele. Diese „Machenschaften“, so die Behauptung von Michael L., solle die Anwältin zusammen mit einem leitenden Staatsanwalt der Abteilung „Organisierte Kriminalität“ begehen. Jeglichen Beweis für seine Behauptungen ist er jedoch schuldig geblieben. Auch vor Gericht äußerte sich Michael L. gestern nicht, „vorerst nicht“.
Der Mitangeklagte Bernd B. hingegen sagte aus. Er will zur Anklage gekommen sein wie die Jungfrau zum Kinde. Im Juli hatte der Journalist für Michael L. bei der Rechtsanwältin angerufen und sie aufgefordert, 30.000 Mark zu zahlen, sonst würde Michael L. öffentlich über sie auspacken und sie dadurch „in Lebensgefahr bringen“. Doch nicht als Drohung, sondern als kleinen Gefallen für seinen Bekannten Michael L. wollte er das Telefonat verstanden wissen.
Der sei wegen seiner verschmähten Liebe zu der Rechtsanwältin unglücklich gewesen und habe deshalb seine Kneipen-Bekanntschaft Bernd B. gebeten, für ihn bei Heck anzurufen. Den Gefallen habe er gern getan, weil er das Befinden von Michael L. aufgrund eigenen Liebeskummers so gut nachempfingen konnte. Außerdem, räumte der Journalist ein, habe Michael L. Andeutungen über interessante kriminelle Verflechtungen der Anwältin gemacht. Er habe eine spannende und lukrative Geschichte gewittert und sich den Kontakt deshalb warmhalten wollen.
Jutta Heck selber ist vor Gericht bisher nicht vernommen worden. Am kommenden Mittwoch wird sie zu den Bedrohungen und Unterstellungen gehört. Elke Spanner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen