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Der PDS-Bär mag nicht mehr

Lothar Bisky gibt Vorsitz der PDS-Programmkommission ab und zieht sich nach Brandenburg zurück

von L. WALLRAFF und J. KÖNIG

Es war so ein schönes Bild. Als Lothar Bisky auf dem letzten PDS-Parteitag im Oktober den Vorsitz abgab, überreichten ihm die Genossen zum Abschied einen Teddybär. Als er anschließend den Saal verließ, saß das mannshohe Kuscheltier allein auf Biskys Platz in der ersten Reihe. Ein adäquater Ersatz, mögen manche gedacht haben. Auf jeden Fall ein passendes Geschenk für den 59-Jährigen, der die zerstrittenen Flügel der Partei mit seiner ruhigen Art sieben Jahre lang zusammengehalten hatte. Doch auch die Herzlichkeit beim Abschied konnte nicht verdecken, wie gefrustet Bisky damals schon war. Einmal hatte er sich sogar als „Mülleimer“ der Partei bezeichnet. Trotzdem versprach er, weiter mitzuarbeiten und seiner schüchternen Nachfolgerin Gabi Zimmer zu helfen. Nun muss sie endgültig ohne den starken Bär an ihrer Seite auskommen.

Nach seinem Abgang als Parteichef hat Bisky jetzt auch den Vorsitz der PDS-Programmkommission abgegeben. Ab sofort will er sich ganz auf seine Aufgaben als PDS-Fraktionschef im Brandenburger Landtag konzentrieren. Aus seinen Motiven macht Bisky kein Geheimnis. Er hat genug von der „Verhindererfraktion“ in der PDS, die seinen Wunsch nach einem schnellen Ende der Programmdebatte zunichte macht. Gemeint sind die Traditionalisten in der Partei, die sich gegen eine Modernisierung sperren. Das sind die Marxisten um Uwe-Jens Heuer, das sind Theoretiker wie der Bundestagsabgeordnete Winfried Wolf. Nachdem sich der Bundesvorstand am Montag wieder nur dazu durchringen konnte, bis Mitte nächsten Jahres vage Leitlinien für ein neues Programm vorzulegen, gab Bisky auf – „weil ich meine Glaubwürdigkeit behalten will“, wie er der taz gestern sagte. Bisky wollte nie Koalitionen mit der SPD um jeden Preis. Aber er wusste, „dass wir uns zur Jahrtausendwende programmatisch neu orientieren müssen, und ich meinte diese Jahrtausendwende, nicht die nächste.“

Von einem Streit mit seiner Nachfolgerin könne allerdings keine Rede sein, betont Bisky. „Ich will Gabi Zimmer stützen“, versichert er, „sie will ebenso wie ich, dass es schnell vorangeht.“ Deshalb hat er sie auch als neue Chefin der Programmkommission vorgeschlagen. Vielleicht gewinnt sie dadurch an Autorität – mit Sicherheit kommt jede Menge Arbeit auf sie zu. Reformgegnerin Sahra Wagenknecht von der Kommunistischen Plattform hat gerade erst vor einer „Zerreißprobe“ auf dem nächsten Parteitag gewarnt. Und dann wird es keinen schlichtenden Bär in der ersten Reihe mehr geben.

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