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Unsympathen streiten um Super Bowl

Am Sonntag werden die NFL-Finalisten ermittelt. Bislang führte defensivorientierter, langweiliger Football zum Erfolg

BERLIN taz ■ Die National Football League (NFL) war auch schon mal aufregender. Noch vor Jahresfrist rollten die St. Louis Rams mit einer schier unaufhaltsamen Angriffsmaschinerie zum Super-Bowl-Triumph und stellten auf dem Weg dorthin einen Sack neuer Offensivrekorde auf, während sich die Nation am Aschenputtel-Aufstieg von Rams-Quarterback Kurt Warner vom Supermarktregaleinräumer zum wertvollsten Spieler der Liga gar nicht mehr satt freuen konnte.

Und dann dieses Jahr: kein dominantes Team, keine Wohlfühlgeschichte, auf die sich alle einigen können, und vor allem kaum bis gar keine Offensive. Am Sonntag spielen die Oakland Raiders gegen die Baltimore Ravens und die New York Giants gegen die Minnesota Vikings um den Einzug in die Super Bowl. Wer vor der Saison auf diese vier Halbfinalisten gesetzt hätte, wäre jetzt ein reicher Mann. Die Experten hatten bestenfalls Minnesota auf der Rechnung. Die Vikings sind auch das einzige Team mit einer explosiven Offense. Daunte Culpepper ist der Prototyp des modernen Quarterbacks, der so groß und kräftig wie ein Linebacker, aber trotzdem schnell auf den Beinen ist. Außerdem hat er einen starken Wurfarm, mit dem er vor allem die beiden Passempfänger Cris Carter und Randy Moss bedient. Carter ist auf dem besten Weg in die Hall of Fame und Moss hat den schnellsten Antritt in der ganzen NFL.

Trotzdem stehen die Chancen der Vikings eher schlecht, denn in New York treffen sie auf eine Verteidigung, die das Viertelfinalspiel gegen die Philadelphia Eagles am letzten Wochenende im Alleingang gewann. Der New Yorker Angriff allerdings brachte keinen Touchdown zustande und bestätigte das Klischees von den langweiligen und vom Glück verfolgten Giants, auf denen die New Yorker Presse schon die ganze Saison herumreitet. „Wir sind kein sehr gutes Football-Team“, sagte Cornerback Jason Sehorn nach dem Sieg gegen die Eagles sarkastisch, „zum Glück spielen ausgerechnet gegen uns alle schlecht.“

Ähnlich verhält es sich mit Baltimore, deren Verteidigung in dieser Spielzeit so wenige Punkte zuließ wie keine zuvor in der Geschichte der NFL, während ihr Angriff einmal ganze fünf Spiele lang ohne Touchdown blieb. Auch Oakland hat eine gute Defense, aber immerhin einen soliden Angriff, was sie unter all den eindimensionalen Halbfinalisten zum Favoriten macht. Für alle Teams aber gilt: Sie sind nicht so weit gekommen, weil sie so brillant gewesen wären, sondern weil sie weniger Fehler als ihre Gegner gemacht haben.

Wenn wenigstens eine rührende Geschichte in Sicht wäre: Stattdessen ist ausgerechnet Ray Lewis, Linebacker der Ravens, der momentan dominierende Spieler. Ein bulliger Verteidiger, der sich standhaft weigert, sich von seinen Jugendfreunden aus dem Ghetto loszusagen, und vor Jahresfrist Schlagzeilen machte, weil er in eine Schießerei verwickelt war. Bei den Giants erlebt Kerry Collins seine Wiederauferstehung, ein Quarterback, der von Carolina wegen Arbeitsverweigerung entlassen worden war und als Prototyp des verwöhnten Jungmillionärs galt. Oder: Art Modell von den Ravens und Al Davis von den Raiders. Sie gehören zu den unbeliebtesten Team-Besitzern, seit sie mit ihren Franchises umgezogen sind, weil in anderen Städten größere Einnahmen lockten.

Die Konsequenz aus defensiven Dominanz und fehlendem Rührstück: Die TV-Quoten sinken, teilweise bis zu 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

THOMAS WINKLER

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