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Kanzler plant grüne Politik

Strategiepapier aus dem Bundeskanzleramt erinnert an grünes Grundsatzprogramm. Ziel: eine naturnahe, ökologische Landwirtschaft. Subventionen für Agrarfabriken soll es nicht mehr geben

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung plant einen radikalen Umbau der Landwirtschaft. Das geht aus einem Strategiepapier des Kanzleramtes hervor, das der taz vorliegt. Künftig sollen keine direkten Subventionen mehr an Landwirte ausgezahlt werden, „ohne gesellschaftliche Gegenleistungen“. Ziel der neuen Agrarpolitik sei eine Landwirtschaft, die „zwar ökonomisch rationell arbeitet, aber den Wettbewerb vor allem über Qualität und Verbrauchersicherheit sucht“ und „sich in Natur, Landschaft und Umwelt einfügt“.

Wenn Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) heute in ihrer Regierungserklärung den neuen Kurs in der Agrarpolitik bekannt geben wird, weiß sie also das Kanzleramt hinter sich. Eine neue Strategie in enger Abstimmung: Das Ergebnis, die „Vorschläge für eine verbraucherorientierte Neuausrichtung der Agrarpolitik, für eine andere Landwirtschaft“, liest sich eher wie ein grünes Grundsatzprogramm oder ein Forderungskatalog der Naturschützer. Wie wichtig Gerhard Schröder dieses Thema nimmt, demonstriert, dass er nach der Grippepause erstmals wieder auf der Regierungsbank sitzen wird.

Die angepeilte Agrarwende erschöpft sich nicht in der Förderung von Ökobauern, deren Anteil bis 2010 auf 20 Prozent wachsen soll. Vielmehr soll der Trend zu Agrarfabriken gebrochen werden: Während bislang hauptsächlich „betriebswirtschaftlich hoch produktive Betriebe“ durch die EU-Agrarmillionen gefördert wurden, soll das Geld künftig überwiegend an die Landwirte fließen, die nicht mehr als zwei Kühe pro Hektar halten und Hecken, Wiesen und Bachläufe auf ihrem Grund schonen. Statt nach Ertrag sollen die Bauern künftig nach Fläche gefördert werden. Nur was gesunden Lebensmitteln und einer artenreichen Landschaft nützt, soll künftig gefördert werden. Für die neue ökologischere Ware soll kräftig geworben werden. Das Papier geht deutlich über die BSE-Krise hinaus. Und es wird nicht einfach für die Regierung werden, dieses ambitionierte Programm umzusetzen. Das zeigte gestern einmal mehr der kleinliche Streit auf der Sonderkonferenz der Agrarminister in Potsdam. Dort stritten Bund und Länder über die Finanzierung der BSE-Folgekosten. Während Künast die Hälfte der geschätzten Kosten von 2 Milliarden Mark übernehmen will, verlangten einige Länder und die Union einen höheren Betrag.

M. URBACH, B. PÖTTER

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