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Grüne rechnen mit Euro-Wahlkämpfen

Nach Kanzler und CDU fordert auch die grüne Fraktion Übergangsfristen bei der EU-Erweiterung – aber flexible

BERLIN taz ■ In den kommenden Wahlkämpfen, davon ist Werner Schulz überzeugt, wird Europa eines der wichtigsten Themen werden. Vor allem die Einführung des Euro zum 1. Januar 2002 und die EU-Erweiterung hat der wirtschaftspolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion im Blick: „Denn dabei geht’s schließlich ums Geld.“

Seit dem EU-Gipfel von Nizza ist der Zeitplan klar: Bereits Ende nächsten Jahres werden die Verhandlungen mit den ersten osteuropäischen Beitrittskandidaten abgeschlossen werden. Das Geld – oder besser die Folgen, die die Osterweiterung für die neuen Länder hat – steht daher auch im Zentrum eines grünen Grundsatzpapiers, das Schulz gemeinsam mit dem europapolitischen Sprecher Christian Sterzing verfasste und das die grüne Bundestagsfraktion am Dienstagabend einstimmig beschloss.

Im Unterschied zu Gerhard Schröder, der europapolitische Reden gern dazu nutzt, Übergangsfristen für Arbeitnehmer aus Osteuropa zu fordern, betonen die Grünen ausführlich die Chancen, die die bisher größte Erweiterung der Union gerade den ostdeutschen Ländern bringt. Von einem „transfergestützten Beitrittsgebiet“ würden sie zu einer „beispielhaften europäischen Verbindungsregion“ werden. Das, so Schulz, müsste man den Ostdeutschen freilich erst mal klar machen. Bis heute würden sie ihre Lage viel zu pessimistisch sehen.

Ganz ohne Übergangsfristen bei der Freizügigkeit für Arbeitnehmer geht es jedoch auch bei den Grünen nicht. Im Gespräch mit der taz sprach sich der aus Sachsen stammende Werner Schulz jedoch dafür aus, diese so flexibel wie möglich zu gestalten. Nötig wären sie unbedingt für die traditionell starke polnische Bauindustrie. Im Bereich Landwirtschaft und Gartenbau seien dagegen bereits heute Arbeitskräfte knapp. In zehn Jahren werde es, so Schulz, in Ostdeutschland Arbeitskräftemangel geben. Gerade im IT-Bereich würden bereits heute Fachleute aus Osteuropa gesucht: „Bei der neuen Halbleiterfabrik in Frankfurt (Oder) wird es mit Sicherheit eine gemischte deutsch-polnische Belegschaft geben.“

Um den Strukturwandel in den Grenzregionen zu unterstützen, fordern die Bündnisgrünen ein zusätzliches finanzielles Programm des Bundes. Auf seinen konkreten Umfang will sich Schulz jedoch nicht festlegen. Die EU-Kommission bereitet derzeit ein entsprechendes Programm vor. Doch auch hier ist unklar, woher das Geld kommen soll. SABINE HERRE

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