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Der Erde Ehre

Schönheit, Verlorenheit: Das afrikanische Road-Movie „L’Immatriculation Temporaire“ verzaubert im Forum

Es ist immer das Gleiche bei der Berlinale: Ein paar Tage ist es Winter, ein paar Tage ganz grau. Davon merkt man nicht so viel, weil man die Tage in geschlossenen Räumen verbringt. Und dann scheint plötzlich die Sonne, es ist warm und riecht nach Frühling, während man angenehm übermüdet mit dem Fahrrad gegen Mittag Richtung Kino gleitet. Und es ist besonders schön, wenn in dem Kino, in das man dann geht, auch die Sonne scheint.

„L’Immatriculation Temporaire“, die guineisch-französische Koproduktion des 35-jährigen Regisseurs Gahité Fofana, erzählt eine einfache, klassische Road-Movie-Geschichte: Mathias, Sohn einer weißen Französin, kehrt auf der Suche nach seinem leiblichen Vater nach Guinea zurück. Direkt nach seiner Ankunft wird er vollständig ausgeraubt. Dann lernt er in einer Bar John Tra (-volta!), einen jungen, sympathischen Ganoven kennen, der in seinem Aussehen ein wenig an den Fußballstar Mpenza erinnert, der seinerseits ein bisschen aussieht wie ein Maserati und auch so spielt.

John Tra stellt ihm seine schöne Schwester Rama vor und nimmt Mathias bei sich auf. Am nächsten Tag fährt der Held mit Rama nach Fria, einer sterbenden Industriestadt, wo sein Vater wohnen soll. Nach verschiedenen Verwicklungen, bei denen unter anderem herauskommt, dass es John Tras Leute waren, die Mathias ausraubten, wird der Vater gefunden. Der ist ein verlebter Alkoholiker, der von seinem Sohn nichts bzw. erst zu spät was wissen will. Am Ende beteiligt sich Mathias an einem Überfall der Gangster um John Tra.

„L’Immatriculation Temporaire“ ist ein beeindruckendes Road-Movie. Die körnigen Bilder guinesischer Nächte stimmen sehnsüchtig; die Schlieren über den rotbraunsandigen Straßen, die Plattenbaubalkone in der Hitze, die schönen Farben der Tücher, die sanfte Haut von Rama, die Bars, in denen die Männer trinken und mit den Frauen tanzen. Wie traurig ist eine Sequenz, in der die völlig unaffektierte Kamera an mehreren nebeneinander liegenden Zimmern in der Nacht vorbeifährt, in denen Männer in identischen Positionen Blowjobs bekommen. Nie beharrt der Film auf der Aussichtslosigkeit der Menschen, die hier leben; nie ästhetisiert er sie.

„Viele Persönlichkeiten leben, um der Erde ihre Ehre zu erweisen“, heißt es in einem der schönen Lieder des Films. Das Sprichwort „Katzen wühlen in Mülltonnen, Unvorsichtige fallen hinein“, werde ich mir merken.

„L’Immatriculation Temporaire“ ist das Porträt einer Generation in Afrika, einer Jugend, die sich ihrer verlorenen Situation bewusst ist, die es nur versteht, in den Tag hineinzuleben“, sagt der Regisseur. „Sie sind da.“ Abgekürzt heißt der Film „I. T.“

DETLEF KUHLBRODT

„L’Immatriculation Temporaire“. Regie: Gahité Fofana, Guinea/Frankreich, 78 Min.

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